I don’t have to…

Als ich 17 war, durfte ich zum ersten Mal ohne meine Eltern und zusammen mit einer Freundin in die Ferien gehen. Es war ein befreiendes Gefühl. Endlich durfte ich tun und lassen, was ich wollte, zumindest für zwei Wochen und zumindest in meiner Vorstellung davon, was Unabhängigkeit bedeutet.

In jenem Alter hatte ich nur eines im Kopf: das andere Geschlecht. Komischerweise hatten es mir in diesen Ferien vor allem die griechischen Kellner angetan. Ich frage mich heute, ob es etwas mit dem Dienen zu tun hat… Jedenfalls lernte ich Blondschopf an jedem Abend neue Kellner kennen, denen ich den Kopf verdrehen konnte, ohne ihnen auch nur einen Zentimeter zu nahe zu kommen. Schliesslich war ich erst 17. Es war das Spiel, das mit gefiel – weil es keine Konsequenzen für mich hatte und ich meine Wirkung austesten konnte. Heute muss ich sagen, dass ich wohl mehr Glück als Verstand hatte mit meiner stetigen Provokation.

Jedenfalls lernten meine Freundin und ich an einem Abend wieder einen dieser bildhübschen Griechen kennen. Nach seiner Schicht trafen wir uns vor seinem Lokal und plauderten und flirteten in naiv unschuldiger Weise. Er fragte mich, wo ich denn in der Schweiz lebe. Ich erklärte stockend, dass ich noch bei meinen Eltern wohne. Er grinste mich ungläubig an und fragte nach: „Du wohnst wirklich noch bei Deinen Eltern?“ Ich fühlte mich in die Enge getrieben und wollte meinen 17-jährigen Stolz retten, also erklärte ich ihm auf Englisch, wie toll es ist, noch zuhause zu sein, „…because I don’t have to wash myself.“ Er prustete los, was mir einen hochroten Kopf bescherte.

Merke: Wer sein Englisch nicht beherrscht, sollte wirklich noch zuhause bei den Eltern wohnen bleiben. Aber ehrlich gesagt würde ich auch heute noch gerne sagen können, dass ich meine Wäsche nicht selbst waschen muss. Damals scheiterte es an meinem Englisch. Heute an den Finanzen.

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