Als Single oder zumindest Nicht-Schwangere ist der Geburtsvorbereitungskurs ein Mysterium, eine sagenumwobene Veranstaltung, zu der man nur geladen ist, wenn man endlich auch einen dicken Bauch vorweisen kann. Viele Mythen ranken sich um die Hechelkurse, in denen kugelrunde Bäuche im Zentrum des Interesses stehen. Und als vermeintlich perfekte Eltern in spe besucht man dann zusammen endlich diesen lange ersehnten Kurs, weil man eingeweiht werden möchte. Einheit ist das Motto. Und Vorfreude. Aber auch Angst davor, was einen bei der Geburt erwartet.
Auch wir haben damals einen solchen Kurs besucht und wurden herb enttäuscht. Von Mysterium keine Rede. Keine Atemübungen, kein Hecheln im Akkord, keine hu-hu-huuuuuuus und hi-hi-hiiiiiis. Keine Kontaktaufnahme zum Kind, keine verschwörerische Stimmung unter Müttern und Vätern. Stattdessen sitzt man im Kreis auf Stühlen wie auf einer Hühnerleiter, schaut sich schüchtern an und harrt der Dinge, die da kommen: Zwei Hebammen erklären die Tücken der Schwangerschaft. Hallo?! Wir waren seit einigen Monaten schwanger, wussten also bestens Bescheid über Müdigkeit, geschwollene Beine, immerwährenden Harndrang und vor allem die verflixten Stimmungsschwankungen.
Im gleichen Stil ging der Frontalunterricht weiter: So fühlen sich Geburtswehen an, das sind die Geburtsphasen (Eröffnungsphase, bei der sich der Muttermund bis 7 cm öffnet, Übergangsphase, in der sich der Muttermund vollständig öffnet, Austreibungsphase, in der das Kind geboren wird – die Zuhörerinnen halten an dieser Stelle den Atem an – Nachgeburtsphase).
Auch die Rolle des Partners wird angesprochen. Er soll einfach da sein und offen sein für alles, was da kommt. Rücken massieren, Hand halten, Getränke reichen. Hm. Dafür braucht es wahrlich keinen Kurs, und mein Mann war kurz davor, aus dem Raum zu laufen. Teemischungen, die muskelauflockernd wirken und wehenanregende Massnahmen. Wie fühlt sich das Kind nach der Geburt? Was für Schmerzen gibt es? Was passiert beim Kaiserschnitt?
Alle diese Themen werden heute üblicherweise in einem solchen Kurs angesprochen. Aber es wird nicht gehechelt. Weil man davon ausgeht, dass sowieso jede Geburt individuell ist und die Frau sich einfach so verhalten soll, wie es für sie am besten ist. Eine Enttäuschung ist das für die motivierten, aufgeregten Kursbesuchenden, denen das Geheimnis der Geburtsvorbereitungskurse nun auf immer versagt bleiben wird, allemal. Diese Erfahrung ist wohl nur den älteren Generationen vorbehalten.
Dabei könnte man jetzt zum ersten Mal als Eltern in spe etwas gemeinsam unternehmen. Wohin also mit der ganzen Vorfreude auf das Kind? Mittlerweile gibt es Kurse, in denen auch Gebärpositionen praktisch vorgestellt werden und die Paare im Mittelpunkt stehen – und nicht eine pauschale Powerpoint-Präsentation: www.geburtsvorbereitungs-kurse.ch.