Baby on board

Bevor unser Kind auf die Welt kommt, machen wir ein Riesentamtam um seinen Namen –  beziehungsweise eben darum, dass wir ihn nicht verraten wollen. Wir sind bis zur Geburt schliesslich nicht sicher, ob das Geschlecht des Kindes dann auch wirklich mit der Prognose übereinstimmt. Vielleicht entscheiden wir uns mit dem Namen aber auch im letzten Moment um, weil das Baby, das in unseren Armen liegt, unmöglich auf den Namen Leon hören kann (es ist kahl). Oder wir haben Angst, dass eine andere Mutter in spe uns den Namen klaut. „Ach, Lilly? Das ist eigentlich ein schöner Name…“ Begleitet wird dieser Satz dann von einem bedeutungsschwangeren (!) Seufzen. Wir lassen uns ungern in die Karten schauen. Es könnte ja Unglück bringen. Also schweigen wir beharrlich und nehmen in Kauf, dass Eltern und Schwiegereltern ob der Heimlichtuerei verärgert sind.

Personifizierung non grata

Sobald das Baby da ist, vollzieht sich an den Eltern aber eine 180-Grad-Kehrtwendung. „Mia 2.3.12“ steht dann in grossen Lettern auf einem bunten Marienkäfer, einer Ente, einem Storch vor dem Haus oder am Balkon. Als ob die Ankündigung „Hier ist ein Baby und das heisst Mia und ist gerade erst auf die Welt gekommen“ die Nachbarn besänftigen würde, wenn Mia sich nachts wieder einmal die Lunge aus dem Leib schreit. Der Lärm ist personifiziert und kann somit nicht mehr so schlimm sein.

Auch das Auto fällt dem Personifizierungswahn zum Opfer. So sieht man heute fast keine „Baby on Board“-Kleber mehr. Stattdessen heisst es „Thomas on Board“ oder ganz simpel „Mirco“, „Chayenne“ oder „Alessia“. Im entsprechenden Farbton gehalten, ist die ganze Umwelt inkl. Pädophile darüber informiert, wie die Kinder der Familie heissen. Warum eigentlich? Hat es etwas mit Elternstolz zu tun? Mit einem Hang zur Besitzneurose?

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert