Sprachverhalten von Frauen, Männern – und Töchtern

Eines meiner Spezialgebiete an der Uni war die Erforschung des Sprachverhaltens von Frauen und Männern. Polemisch ausgedrückt: Frauen sprechen auf der Beziehungsebene, Männer auf der Sachebene. Frauen wollen keine Konfrontation, durch das Aussprechen der Probleme werden diese bewältigt. Männer hingegen bieten Lösungen an (wofür wir Frauen sie oft an die Wand klatschen könnten!!!), anstatt einfach nur zuzuhören. Als ich das studiert habe, war das alles noch Neuland in der Forschung. Heute ist das kalter Kaffee und vermutlich längst als App herunterladbar. Was ich aber nicht realisiert hatte: Geschlechterspezifisches Sprachverhalten lässt sich bereits an einer Dreijährigen beobachten.

Wir sitzen beim Frühstück. LadyGaga hat kein Messer vor sich liegen. Sie nimmt den Löffel in die Hand, schaut ihren Vater vorwurfsvoll an und sagt: «Gäll, ich nimm dr Löffel zum Butter ufs Brot mache?» Sie hält demonstrativ den Löffel über die Butter und wartet ab, was passiert. Mein Mann steht kommentarlos auf, holt ein Kindermesser aus der Küchenschublade, kommt zu uns an den Tisch zurück, reicht LadyGaga das Messer und setzt sich wieder hin.

Ich bin fasziniert. LadyGaga hat nicht gesagt: «Papi, ich habe kein Messer, holst Du mir bitte eins?» Darauf hätte mein Mann vermutlich geantwortet: «Du bist alt genug, hol es bitte selber!» Stattdessen hat sie den Appell indirekt in ihre Frage eingebettet, so wie alle Frauen das machen. Wir sagen nämlich nicht: «Schatz, machst Du bitte das Fenster zu?», sondern: «Es ist kalt hier, findest Du nicht?» Und werden dann sauer, wenn der Mann nicht merkt, was wir wollen, sondern nur lapidar sagt: «Nö.» Dabei haben wir ihm die Chance gegeben, sich von uns als Ritter und Held in der Not feiern zu lassen. Aber dazu kommt es nie. Weil die Männer eben nur auf der Sachebene funktionieren.

Das ist auch bei meinem Mann so, und als ich das begriffen habe, habe ich aufgehört, irgendwelche Apelle versteckt zu platzieren. Heute sage ich jeweils: «Schatz, machst Du bitte das Fenster zu?», und wir sind beide zufrieden damit: Ich friere nicht mehr und er konnte mir einen Gefallen tun. Ich glaube, deshalb funktioniert unsere Ehe so gut. Aber dass mein Mann auf die indirekten Appelle meiner Tochter reagiert, macht mich gelinde gesagt sprachlos – obwohl ich eine Frau bin.

Sieht aus, als könnte ich noch viel von meiner Dreijährigen lernen… 🙂

 

3 thoughts on “Sprachverhalten von Frauen, Männern – und Töchtern

  1. Gibt es nicht auch eine Studie darüber wie Männer auf ihren Nachwuchs reagieren? Und das es da auch nochmal einen Unterschied gibt, ob der Nachwuchs männlichen oder weiblichen Geschlechts ist?

    Nicht?…Schade…ich könnte schwören das es so ist…frag mal meinen Mann!!*g*

    Liebe Grüße von Lilli

  2. HIhi 🙂 Das hab ich mich auch schon gefragt. Als Kinder lernen wir offenbar, unsere Väter um den kleinen Finger zu wickeln. Als Mütter müssen wir das Privileg dann wieder an die nächste Generation von Frauen abgeben. Vielleicht ist es ja eine Art Wanderpokal?!
    Liebe Grüsse

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