Trotzphasen – lassen sie sich managen?

Wir gehen wieder einmal durch eine Trotzphase (@Lilli: Eine Periode «Griff ins Klo» sozusagen). LadyGaga macht frühmorgens jeweils den Kleiderwechsel zum Spiessrutenlauf. Die Hosen sind zu eng, sie kratzen, sie passen nicht, sie rutschen, sie sind zu gross, ich mag sie nicht. Die Socken sind zu eng, sie tun weh. Das T-Shirt kratzt und ist viel zu eng. Alles tut weh und wir sind blöd. Und Robin gefällt es garantiert auch nicht. Die Haare bitte nicht bürsten, sondern als Pumuckl oder besser gesagt als Vogelscheuche lassen. Nichts ist der Dame von Welt recht. Die Uhr tickt und meinen Zug habe ich heute wieder einmal verpasst.

Ich kämpfe mich also durch jeden Zentimeter Kleider, den sie anziehen soll. Sie will ein Sommerkleid. Draussen ist es kalt und nass. Jeden Tag das Gleiche. Sie weint, sie schreit, sie schluchzt, sie heult und sperrt sich. Wenn ich es geschafft habe, ihr ein Kleidungsstück anzuziehen, zieht sie es wieder ab, weil sie es selber und alleine anziehen will. Ich darf dann nicht zuschauen.
Ähnlich einem Bodybuilder, der seine Muskeln trainiert, bis sie immer grösser und fester werden, sind meine Nerven mittlerweile dick und hart wie Stahl geworden. Ich lasse mich auf das Geschrei nicht ein, sondern versuche zu helfen, indem ich nüchtern und liebevoll, jedoch auch streng mit LadyGaga rede. Ich habe nämlich gemerkt, dass alles nur noch schlimmer wird, wenn ich mich auf ihr Ausloten ihrer Grenzen einlasse. Dann sind wir nämlich beide wütend.

Mittlerweile merkt sie, wenn ich dann doch sauer werde. Und dann weint sie und sagt: «Bisch Du jetzt ganz fescht hässig uf mich?» Und wenn ich nicke, weint sie noch mehr. Sie möchte nicht, dass ich böse auf sie bin. Aber sie weiss noch nicht, wie sie sich verhalten soll, um das zu verhindern. Ich versuche, es ihr zu zeigen, aber es ist eine schwierige Zeit für uns alle.

Am Wochenende hat sie so rumgebrüllt, nachdem ich beim gemeinsamen Knetmasse spielen ihrer Meinung nach nicht das getan hatte, was sie wollte (obwohl ich es getan habe, nämlich einen Knetmassekuchen zerschneiden, sie sagte dann aber immer wieder, dass ich es falsch getan habe, ich weiss immer noch nicht, wo eigentlich das Problem lag, denn ich handelte genau gemäss Instruktion…). Jedenfalls hat sie aus dem Nichts heraus so geweint und reklamiert, dass ich sie schlussendlich ins Gästezimmer aufs Bett gesetzt habe, damit sie sich dort ausheulen konnte. Irgendwann war einfach der Punkt da, wo ich dachte: «Ich lass mich doch von meinem eigenen Kind nicht fertig machen!»
Sie hat geheult und protestiert. Ich dachte, wenn ich sie im Gästezimmer (bei Licht) alleine lasse, kann sie einem kaputten Luftballon gleich, der wie wild durch die Luft zischt, die angestaute Luft entweichen lassen – weit gefehlt. Als ich die angelehnte Türe wieder öffnete, um nach ihr zu sehen, gab es ein Crescendo, das Seinesgleichen suchte: LadyGaga heulte noch lauter. Als würde der Luftballon wieder aufgeblasen. Sie schrie: «Ich verstoh Di eifach nid!!! Warum bisch Du so bös zu mir!!!» Sie war wütend und fühlte sich ungerecht behandelt. Ihre Worte waren der Spiegel dessen, was ich Minuten zuvor zu ihr gesagt hatte. Nur hatte ich es ruhig und freundlich gesagt. Ich setzte mich zu ihr und erklärte ihr, dass sie mich ohne Grund angebrüllt hatte und dass das so nicht weiter gehe. Sie war immer noch wütend. Schliesslich fragte ich sie: «Sag LadyGaga, findest Du denn wirklich, dass Du nett zu mir gewesen ist?» Sie überlegte, schüttelte dann betreten den Kopf und weinte traurige Tränen. So beruhigte sie sich schliesslich. Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, sie ist voll in der Pubertät. Vielleicht sollten wir aber auch nur einen Exorzisten zuziehen…
Trotzphasen sind echt anstrengend, vor allem wenn das Kind einen so dicken Schädel hat wie unseres. Wenn ich mir als betroffene Mutter erlauben darf, einige Tipps zu geben (wer weiss, vielleicht hilft es ja):
  • Ruhe bewahren. Es bringt nichts, wenn Kind und Eltern gemeinsam austicken.
  • Gefühle erklären
  • Nicht weiter spielen, als wäre nichts gewesen – Konsequenzen zeigen!
  • Bestrafungen und/oder Konsequenzen aber auch erklären
  • Linie beibehalten
  • 1… 2… 3… 4… 5… 6… 7… 8… 9… 10… – zählen hilft meistens. Ich schaff es aber oft nur auf 5.
  • Wenn man merkt, dass man die Nerven verliert: Partner holen, betroffenes Elternteil wie im Fussballspiel auswechseln. Der andere ist noch unverbraucht und hat noch Puste.
  • Wenn man dennoch die Nerven verloren hat: Auch diese Gefühle erklären
  • Schwamm drüber.

Habt ihr noch andere Tipps?

Wer weiss, vielleicht ist morgen ja ein «Goldtag mit Fleisssternchen» (Zitat Lilli)?

 

4 thoughts on “Trotzphasen – lassen sie sich managen?

  1. Verdammt!Gibs zu, du hast bei uns zuhause Mäuschen gespielt:).
    Genau dieses Klamottendesaster gibt es bei uns täglich(unabhängig ob zum Kindergarten hin od.davon weg.)
    Ein absoluter K(r)ampf währenddem mein Sohn wie eine agressive Hornisse, vollkommen kopflos, wahre Kunststücke vollführt um ungeliebte/unbequeme/zu kleine/zu enge/KOMISCHE GEFÜHLE AUSLÖSENDE Kleidungsstücke loszuwerden und mir mit gefühlten 80 Stundenkilometern seine,eben erst mit liebevoller Mühe (und ner Menge Geduld von der ich wahrlich nicht weiß wo manchmal hernehmen)andiskutierten Schuhe um die Ohren fliegen.
    Seine Schwester lernt derweilen fleißig Kraftausdrücke und lernt mit ihren noch nicht ganz zwei Jahren, dass sie ihren Kleidungsstil ebenfalls selbst bestimmt (natürlich unabhängig von Wetter und anderen Widrigkeiten..AAAAARRRGHH!
    Danke für diesen wundervollen Post!
    ICH BIN NICHT ALLEIN HIER DRAUSSEN (an der Mütterfront*hüstel*)

    Liebe Grüße

    Lilli

  2. Ach, das wird noch schlimmer ? Oha. Momentan auch bei uns regelmaessige kleine Auszeiten im Bett der Motte. Sie beruhigt sich aber ( noch ) recht schnell.
    Das Klamottendrama haben wir auch – helfen tut es bei uns, die Kleider schon am Abend bereit zu legen, dabei darf sie immer zwischen 2 Dingen der jeweiligen Schicht entscheiden.
    Das hat das Drama etwas entschaerft. Schuhe darf sie sich selbst auswaehlen, was sie auch macht. Die, die aufgrund des Wetters oder anderer Dinge nicht gehen, stelle ich abends ausserhalb Sicht- und Reichweite. Aber ich denke mir, dass das bei Lady Gaga nicht mehr funktioniert.
    Durchhalten! Die Tipps sind genau das, wie es hier auch geht.
    LG,
    Katrin

  3. Haha 🙂 Ja, wir sind nicht alleine. Das macht es ein wenig besser. Oft denkt man ja "Spinn ich oder geht das nur uns so?" Es ist beruhigend zu wissen,dass andere Mütter den gleichen K(r)ampf haben.
    LG

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