Geschockt

Heute Morgen in der Krippe. LadyGaga stürmt fröhlich hinein, wir folgen ihr relativ entspannt zu ihrem angestammten Platz im Flur – dort, wo die Kinder ihre Kleider aufhängen und ihre Schuhe versorgen. Aber da ist kein Foto von LadyGaga mehr aufgehängt. Ihre Tasche mit Ersatzkleidern ist weg. Ihr Schmusekissen ist weg. Einfach alles. Wir sind irritiert. Da kommt die Betreuerin dazu und sagt: «Ach so, nein, LadyGaga gehört jetzt zu den grossen Kindern. Sie hat ihren Platz jetzt hinten im Seitenflur.» LadyGaga ist begeistert. Ich nicht. Der Seitenflur ist abgelegen und gleicht einer Rumpelkammer. Und: Alle Freundinnen von LadyGaga gehen jetzt in den Kindergarten. Auch Robin. Das hat LadyGaga noch nicht realisiert. Die Betreuerin meint, die nächsten Tage wären jetzt sicher langweilig für die Kleine, weil alle ihre Freundinnen weg sind. Ich schlucke leer und fühle mich an meine eigene Kindheit zurückerinnert. LadyGaga strahlt Selbstsicherheit aus. Sie gehört jetzt zu den grossen. Ich denke daran, dass sie jetzt wieder neue BFF (best friends forever) suchen muss, und nächstes Jahr wieder, wenn sie in den Chindsgi kommt. Und wieder und wieder und wieder. Das haben wir – und vor allem wir Frauen – alle auch so durchgemacht.

Als wir die Krippe verlassen, sage ich zu meinem Mann: «Man, geht es auch anders? Wie kann man uns nur so vor den Kopf schlagen? Sie hätten ja auch sagen können, dass LadyGaga schon so selbständig ist, dass sie im Nebenflur sein darf, wenn das für uns OK ist. Aber ein fait accompli?!» Ich fühle mich, als wäre unsere Tochter auf dem Abstellgleis angelangt und bemerke zum ersten Mal den bitteren Vorgeschmack des Schulsystems, das hinter der Ecke 2013/2014 auf uns lauert. Dabei möchte ich keine von diesen hysterisch besorgten Müttern sein, die die Lehrer mit ihren Anliegen fertig machen. Aber es muss doch bitte schön auch anders gehen in der Kommunikation. Oder sehe ich das falsch?

4 thoughts on “Geschockt

  1. Ich finde, so geht es nicht.
    Wuerde ich mich massiv beschweren – warum sind die anderen Kinder im Kindergarten und Lady Gaga noch nicht ?
    Die Motte ist ab 12. August auch in einer anderen Gruppe – aber das wissen wir schon seit einigen Wochen und haben genug Zeit, das vorzubereiten, sofern das mit 22 Monaten schon geht.
    Aber einfach so – unglaublich.
    Viel Staerke dabei, Lady Gaga macht das schon.

  2. Hallo Kathrin!
    Danke für Deine aufbauenden Worte!
    Die anderen Kinder, mit denen sie immer gespielt hat, sind älter und gehen deshalb in den Kindergarten. LadyGaga ist erst im Herbst 2014 soweit (in der Schweiz ab 4 1/2 J. die Regel). Nun gehört sie mit 3 1/2 J. zu den ältesten in der Krippe, die ja nicht staatlich ist. Sie ist schon noch in der gleichen Gruppe, aber alle ihre Freundinnen sind jetzt halt weg. Aber ich denke auch, dass ich mich beschweren werde. Muss das im Gehirn noch sortieren…

  3. Ich verstehe Dich/Euch absolut!! Ich finde auch, so geht es nicht! Mich würde das wundern, verärgern und ich würde mich bei den Zuständigen beschweren. Man ist doch ein Mensch als Kind und nicht ein Objekt, das anonym von Station zu Station verfrachtet wird. Schulsysteme, wie Du zurecht bemerkst, behandeln einen aber viel zu oft so. Und man gewöhnt sich als Kind so sehr daran, dass man im Lauf der Schulzeit gar nicht mehr bemerkt, wie störend das eigentlich ist, sich aber einfach down und alleine fühlt. Schön, dass Eure Kleine Eltern hat, die so mitdenken und mitfühlen, das ist nicht selbverständlich! Selbst wenn sie das jetzt gar nicht so schlimm finden sollte – das hoffe ich zumindest für Lady G. …Ganz liebe Sommergrüsse…

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