Ängste in der Schwangerschaft

Grummelmama hat sich in ihrem Blog Gedanken über die Ängste beim Zweitkind gemacht. Der Post hat mich sehr aufgewühlt und bewegt. Konkret behandelt Grummelmama folgende Fragen:

  • Was, wenn ich das zweite Kind nicht so lieben kann wie das erste?
  • Was, wenn ich das zweite Kind mehr liebe als das erste?
  • Was, wenn das erste Kind schwer darunter leidet, nicht mehr im Mittelpunkt zu stehen?
  • Was, wenn das zweite Kind schwer darunter leidet, nicht so im Mittelpunkt stehen zu können?
  • Was, wenn ich es mit zwei Kindern nicht schaffen kann?
  • Was, wenn das zweite Kind krank ist?
Auch ich kenne alle diese Ängste und möchte hier meine Gedanken dazu festhalten:
Als ich 2009 mit LadyGaga schwanger war, hatte ich Angst, irgendetwas falsch zu machen. Bloss kein Rohkäse. Kein Wein. Viel Gemüse. Sport. Nicht aufregen. Kein Roastbeef (heul!). Die innere Mitte finden, weil ich nicht schuld sein wollte an der späteren, schlechten Laune des Kindes. Akupunktur MUSS man machen, wenn man schwanger ist, und einen Geburtsvorbereitungskurs auch. Nichts nichts NICHTS wurden dem Zufall überlassen. Und dann hatte ich einen Notfallkaiserschnitt. Ätsch.
Nach mehreren Fehlgeburten im 2012 bin ich nun mit unserem Sohn schwanger. Und wieder sind da Ängste, aber es sind nicht die gleichen. Ich esse, worauf ich Lust habe, manchmal trinke ich sogar ein Glas Wein. Ich bin insgesamt lockerer nach dem Alles-oder-Nichts-Prinzip. Vielleicht auch pragmatischer?
Aber die ersten Monate war da dennoch die Furcht, das Kind wieder zu verlieren. Ich konnte mich nicht wirklich freuen, aus Angst vor dem Verlustschmerz. Dann ist der Junge auch komplett anders in seinem Verhalten als meine Tochter, bereits jetzt. Ab dem fünften Monat trat mich LadyGaga jeweils so sehr ins Schambein, dass ich beim Laufen zusammenzuckte. Bei Junior spüre ich nur ein sanftes Flattern hie und da, manchmal einen Tritt – und ich bin im achten Monat! «Das ist doch viel besser und weniger stressig für Dich!», mag man da sagen. Ja, aber es macht auch Angst: Ist mit dem Kind alles OK? Ist es behindert? Warum bewegt es sich nicht?!
Neben diesen rein physischen Ängsten kommen aber auch weitere Urängste ins Spiel. Von dem Moment als, als ich wusste, dass ich wieder schwanger bin, war ich unruhig. Unser Leben mit LadyGaga ist perfekt, wir harmonieren zu dritt, sie ist unser Sonnenschein und die unangefochtene Königin in der Familie. Alles klappt wie am Schnürchen, und trotzdem falle ich abends nur noch todmüde ins Bett. Warum tun wir uns das also an und bringen das über Jahre mühsam erarbeitete Gleichgewicht wieder ins Wanken? Kann man noch müder sein? Ich fühlte mich schuldig für diese Gedanken, denn wir haben uns immer ein zweites Kind gewünscht. Ich war undankbar und irrational. Aber es blieb dabei: Es ist doch alles perfekt, so wie es ist. Warum also ändern? Weil eben immer etwas jemand gefehlt hat.
Ich fragte mich auch, ob und wie ich das zweite Kind so sehr lieben könnte wie LadyGaga. Ich spürte die Angst in mir, meine Erstgeborene zu verraten. Bis mir eine gute Freundin, selbst Mutter von zwei Kindern, sagte: «Du kannst es drehen und wenden, wie Du willst: Du wirst nicht beide gleich lieben. Das geht gar nicht.» Und sie ergänzte: «Wenn du Glück hast, ist es ein Junge, dann wird es sowieso total anders für Dich sein und die Frage stellt sich gar nicht erst.» LadyGaga ihrerseits erklärte mir einmal, sie wolle lieber einen kleinen Bruder, weil sie die einzige Prinzessin in der Familie sein wolle (!). Kurze Zeit später hatten wir die Gewissheit, dass wir tatsächlich einen Sohn bekommen. Und langsam gefiel mir der Gedanke. Zwei unterschiedliche Geschlechter, zwei verschiedene Kinder. Zwei unterschiedliche Charaktere bereits in meinem Bauch. Ein komplett neues Leben. Das machte vieles einfacher für mich, weil sich Birnen einfach nicht mit Äpfeln vergleichen lassen.
Zeitgleich mit der fortschreitenden Schwangerschaft kam im Dezember 2013 der Kita-Wechsel von LadyGaga, an dem die ganze Familie zu knabbern hatte. Uns wurde bewusst, dass die Gefühle zu Schwangerschaft und Kita in Verbindung zueinander standen. LadyGaga war verunsichert, wie ihre neue Rolle im Familien- und Kita-Leben sein würde. Sie weinte und heulte Rotz und Wasser – fast jeden Tag, für fast zwei Monate. Aber sie wird eine tolle, liebevolle grosse Schwester sein, davon bin ich überzeugt. Bereits meinte sie, dass wenn das Baby nachts schreit, sie dann aufsteht und es füttert, mein Mann könne dann die Windeln wechseln, damit ich weiter schlafen könne (!!!!). Sie freut sich wirklich sehr auf ihren Bruder und küsst und umarmt jeden Tag meinen Bauch. Aber eifersüchtig ist sie trotzdem: «Wenn’s Baby do isch hesch Du mi nüme gärn!» «Immer chaufe mir nume Sache fürs Baby, nie für mi!». Da ist noch viel Arbeit zu tun.
Mittlerweile ist sie in der Krippe angekommen, weint nicht mehr, sondern freut sich. Sie ist wieder ein glückliches Kind. Aber es war hart. Hart auch für mich: Ich habe oft geweint vor Erschöpfung und Hormonschüben, wenn keiner es gesehen hat.
Aber ich bin mittlerweile angekommen. Die Ängste sind weg, die Vorfreude riesig. Ja, es wird alles anders. Ja, es wird alles auf den Kopf gestellt. Ja, wir werden noch müder sein. Aber wir werden unglaublich glücklich dabei sein.
 

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