Beim zweiten Kind ist alles anders

Schon eine Weile habe ich mir überlegt, etwas zum unterschiedlichen Verhalten gegenüber unseren Kindern zu schreiben. Es musste in meinem Kopf reifen, so wie die Erfahrung. Dann habe ich kürzlich bei The Mama das gleiche Thema gesehen – offensichtlich geht es uns allen gleich 🙂

Tatsächlich ist man beim zweiten Kind relaxter, man kennt das Babyhandling, man weiss, wann es wirklich brennt und wann nur eine Flamme zu löschen ist. Folgendes ist mir bisher in meinem Verhalten aufgefallen:

MEIN Baby
Bei LadyGaga hatte ich unbewusst lange Minderwertigkeitsgefühle. Ich war zwar die Mutter, aber es fühlte sich nicht so an. Deshalb war ich sehr darauf bedacht, dass ICH dem Baby das Fläschchen gab, dass ICH die Windel wechselte, dass ICH… ihr versteht schon. Mein Perfektionismus hat mich ziemlich fertig gemacht, und mein schlechtes Gewissen als Working Mom erst recht. Bei Copperfield ist das ganz anders. Ich bin viel lockerer. Ich gebe den Kleinen ab und bin froh, auch einmal meine Ruhe zu haben. Ich denke, ich weiss, warum das so ist: Irgendwann konnte LadyGaga sprechen. Und als sie zum ersten Mal sagte: «Mami, ich ha di gärn» und «Mami, Du bisch die Bescht!», habe ich begriffen, dass ich als Mama eben doch mehr Wert bin, als ich dachte. Durch meine Kinder habe ich bedingungslose Liebe gelernt.

Mein Baby hört zu
Bei LadyGaga musste ich ja so vieles lernen. Dazu gehörte auch, dass ein Baby alles versteht, was man sagt, und sei es nur an der Tonalität. Ich erinnere mich gut daran, dass ich, als sie ca. 8 Wochen alt war, einer Freundin sagte, es sei anstrengend ein Baby zu haben, und dass es manchmal nervt, wenn sie schreit. LadyGaga war dabei auf meinem Arm und fing plötzlich herzerweichend zu weinen an. Ich erstarrte zur Salzsäule. Dieses kleine Ding in meinen Armen, das nichts sagen und nichts machen konnte, hatte alles verstanden. Ich fühlte mich mies. Und habe nie wieder so etwas gesagt.
Bei Copperfield mache ich das jetzt anders. Ich achte sehr genau darauf, was ich sage. Und wenn er weint, schaffe ich es, ihn durch meine blosse Stimme und gutes Zureden zu beruhigen. Das klappte bei LadyGaga natürlich auch, aber ich brauchte viel länger, um es zu kapieren.

Und wo bin ich?
Bei LadyGaga getraute ich mich nicht einmal, kurz zu duschen, wenn ich mit ihr alleine war. Es hätte ja was weiss ich passieren können. Heute dusche ich problemlos trotz Baby im Haus. Ich höre ihn dann auch mal schreien, denke aber: «In 5 Minuten bin ich fertig, in der Zeit wird schon nichts Schlimmes passieren.» Generell ist es aber so, dass Copperfield mehr Nähe braucht als LadyGaga früher, er möchte immer bei allem dabei sein und mag es nicht, einfach in sein Bett parkiert zu werden. Wer kann es ihm verübeln.

Stillen
Das mit dem Stillen ist für mich ja so ein Reizthema. Bei LadyGaga habe ich auf Biegen und Brechen versucht, die eierlegende bzw. stillende Wollmilchsau zu sein. Drei Monate lang habe ich gestillt und jeweils zusätzlich das Fläschchen gegeben, weil die Milch hinten und vorne nicht ausreichte. Nach drei Monaten gab ich entkräftet und mit geräderten Augen auf.
Bei Copperfield hatte ich noch weniger Milch. Nach zwei Wochen stillte ich heulend ab, aber ich war nicht bereit, diese Tortur nochmals mitzumachen. Und was passierte? Ich konnte mein Baby viel besser geniessen, weil ich nicht mehr nur zwischen Brust geben und Fläschchen waschen und Milch zubereiten hin und her rennen musste. Unsere Beziehung war viel schneller gefestigt, als es bei LadyGaga der Fall war (siehe auch Punkt «MEIN Baby»).

Verreisen
Mit LadyGaga hatte ich Skrupel, mit dem Zug zu verreisen, weil ich immer Angst hatte, jemanden um Hilfe beim Einsteigen zu bitten. Heute gehe ich problemlos in den Zug und frage die nächste Person, die neben mir steht. Letztens ein lesbisches Pärchen, das mich völlig konsterniert ansah, warum ich denn jetzt sie fragte. Ich versteh die Aufregung gar nicht.
Auf der ersten Autoreise nach Südfrankreich sass ich hinten neben der Babyschale. Das geht bei zwei Kindern natürlich nicht mehr. So hat Copperfield viel mehr geschrien unterwegs als es bei LadyGaga der Fall war. Ging aber nicht anders. Mein Mann ist stoisch weitergefahren – bei LadyGaga wäre das für unser aller Nerven undenkbar gewesen. Jaja, die Nerven wachsen mit.

Anziehen und wickeln
LadyGaga habe ich sehr lange nur wenn nötig umgezogen, meist hatte sie als Winterkind einfach einen Strampler an, weil ich die Krise kriegte, wenn ich ihr ein mehrteiliges Kleidchen anziehen musste. Ich hatte solche Angst, sie kaputt zu machen! Als ich Copperfield in der Klinik zum ersten Mal anzog, ging das nach einem kurzen Luft holen meinerseits ruckzuck. Auch Wickeln ist kein Drama mehr, sondern macht viel Spass, wenn der Kleine dabei glücklich strahlt.

Kurse
Bei LadyGaga habe ich einen PEKiP-Kurs besucht: Einmal pro Woche in der Gruppe Baby beknuddeln, mit neuen Materialien spielen, andere Mamas treffen. Es war toll. Aber ich war eben Neumama. Copperfield kommt nicht in den Genuss solcher Kurse. Gut, ich habe einen zweistündigen Babymassagekurs mit ihm gemacht, weil ich den geschenkt bekommen habe. Aber ich kam mir ehrlich gesagt doof vor dabei. Massage für Babys? Wer massiert denn mich?! Um mein Baby zu streicheln und zu liebkosen brauche ich jetzt echt keine Anleitung, das kann ich auch so.
Was ich mir aber vorstellen könnte: einen Babyschwimmkurs. Copperfield liebt das Wasser, und mir täte es auch ganz gut, regelmässig im Wasser zu sein (ich kann ja dabei mit den Füssen im Wasser stampfen oder so, haha). Mal schauen. Kurse müssen nicht sein. Beim ersten Kind will man aber UNBEDINGT etwas mit dem Baby machen. Also, ich wollte das zumindest.

Finanzen
Ich gestehe: Bei LadyGaga haben wir das Geld mit beiden Händen aus dem Fenster geworfen. Wir haben alles gekauft, was wir hübsch fanden. Das teuerste Bett, weil wir wussten, dass wir irgendwann ein zweites Kind wollen und das Bett somit zwei Kinder aushalten musste. Die hübschesten Kleider (das nützt uns jetzt nix mehr), die coolsten Spielsachen… Copperfield muss da einstecken, das Geld muss jetzt für vier reichen, und da ich nicht mehr arbeite, ist es knapper geworden. Copperfield kriegt also die alten Spielsachen von LadyGaga. Das tut mir irgendwie Leid für ihn. Aber immerhin muss er keine abgetragenen Kleider tragen. Und LadyGaga muss auch Abstriche machen.

Essen
Beim ersten Kind ist man sehr vorsichtig damit, wann man was zu essen gibt. Ich kann es kaum erwarten, Copperfield den ersten Brei zu geben!! Vermutlich probieren wir es dieses Wochenende! Am liebsten hätte ich ihm ja schon ein Stück Brot in die Hand gedrückt, aber mein Mann hat mich gebremst. Sicher wird Copperfield aber schneller das Gleiche essen wie wir. Zumal er ja genüsslich von seiner grossen Schwester animiert werden wird, Nutella und Co. zu essen. LadyGaga hatte ihr erstes Stück Kuchen und Schokolade strikt an ihrem 1. Geburtstag. Wie lange wird es gehen, bis Copperfield so weit ist…? Ich schätze mal maximal acht Monate, dann können wir ihm die bunte Palette der Lebensmittel nicht mehr verwehren 😉

Mich würde ja interessieren, wie das weitergeht. Was werde ich Copperfield erlauben, wofür LadyGaga kämpfen musste? Gibt es hier Mamas mit älteren Kindern, die darüber berichten mögen? Ich würde mich freuen!

6 thoughts on “Beim zweiten Kind ist alles anders

  1. Liebe Mama On The Rocks….

    mein Blog trägt nicht ohne Grund den Titel "Der Unterschied beim zweiten Kind ist das erste Kind!" 🙂 Das ist nicht nur so, dass immer ein Kind "schon" da ist. Sondern dass man die Erfahrung und das Wissen aus meist mehreren Jahren Elternzeit hat. Vieles anders sieht… entspannter sieht.
    Minikind ist jetzt drei, Großkind 6 1/2 Jahre… und ich merke schon Unterschiede.

    Minikind darf teils was eher: bestimmtes Spielzeug, Bücher, Fahrzeuge – einfach weil es da ist. Andererseits ist er gefühlt immer noch mein Baby…. 🙂 Wodurch ich durch Fotos mich dann wieder erinnere "Das durfte Großkind schon!" (normale Schaukel statt Babyschaukel z.B.!)

    Minikind hat z.B. viel eher ein Messer benutzt. Da er es beim Großen gesehen hat und so lange Drama machte, bis er es auch haben durfte.

    Ich vermute, dass wird sich mit zunehmenden Alter auch noch verstärken … länger auf bleiben… TV Zeiten etc.

    Ich bin gespannt.

  2. Da wird es noch einige "Ungerechtigkeiten" geben. Um Vieles kommt man einfach nicht herum: Meine Große durfte zum Beispiel erst ab 3 ab und zu den Sandmann schauen, später dann 20 Min. täglich eine ausgewählte KIKA Sendung. Da der Zwerg schon immer früh aufstand und spät ins Bett ging, war es gar nicht möglich, der Großen ihre "Fernsehzeit" während Zwergs Schlafenszeit einzuräumen. So durfte die Kleine schon total früh mitgucken. Gleiches Thema beim Süßigkeitenkonsum: Ich wäre bei der Großen niemals auf die Idee gekommen, ihr mit ein oder zwei Jahren im Freibad ein Eis zu kaufen. Wenn die große Schwester allerdings eines bekommt, drückt man beim Nesthäckchen schon mal ein Auge zu 😉

  3. Witzigerweise sind es die beiden Sachen bei uns bis jetzt nicht. Großkind war beim ersten Weihnachten 11 Monate alt.. und irgendwie ist ein Ministück Schoki in seine Hände gekommen…. Minikind hat beim zweiten Weihnachtsfest (also mit ca. 1 1/2) die erste Schokolade bekommen und fand sie furchtbar 🙂 Er isst bis heute keine Schokolade, Gummibärchen ja.. aber die gab es eben auch erst nach Weihnachten….

    Fernsehen hatten wir beim Großen mit zwei Jahren den Sandmann ab und an… später dann eben was von der Festplatte…. Da der Große, wenn überhaupt nach dem Fertigmachen fürs Bett schaute, war der Kleine dann immer oben geblieben … er guckt bis heute maximal alle ein bis zwei Wochen was kurzes (er ist jetzt drei)…. regelmäßig und ausdauernd schon mal gar nicht….

    Warum auch immer…

    Unterschiede entstehen aber auch dadurch, dass sie vom Typ her unterschiedlich sind…

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