Wie jeden Abend kriegte LadyGaga gestern eine Gutenachtgeschichte vorgelesen. Diesmal von mir, da mein Mann und ich uns immer abwechseln. Da wir früh dran waren, kam es sogar zu drei Geschichten, allesamt aus einem Walt-Disney-Film-Märchenbuch: Jeweils 5-Minuten-Geschichten mit Quintessenzen aus Disney-Filmen.
Wünsch Dir was
Als erstes wollte sie eine Geschichte rund um Aladin hören. Den Film hat sie noch nicht gesehen. Sie fragte mich also, was ein «Dschinnie» (Dschinn) sei. Ich erklärte es. Auf ihre Nachfrage beschäftigten wir uns mit dem Thema Wunderlampe, und dass das eigentlich gar keine Lampe ist. «Und wenn der Dschinnie aus der Öllampe rauskommt, hast Du drei Wünsche frei.»
«Drei Wünsche?!», strahlte sie mich an. Ich nickte. «Oh dann weiss ich genau, was ich mir wünschen würde. Also…» Sie setzte sich kerzengerade hin. «Also als erstes würde ich mir wünschen, wie Mia in die magische Welt von Centopia eintauchen zu können.» Das war ja klar. Meine kleine Elfe. «Als zweites würde ich mir wünschen, reich zu sein. Nein, WIR sollen reich sein. Und als drittes möchte ich gerne gut zeichnen können. So ohne über den Rand zu malen oder zu kritzeln.»
Ich war wieder einmal baff. Wo kam das denn wieder her? «Sag einmal… findest Du denn, dass wir arm sind?», hakte ich nach. «Ja. Nein. Aber ich kaufe doch so gerne Kleider. Und Copperfield kriegt dann ganz viele neue Schnuller. Und Kleider auch.» Aha. Die Tatsache, dass ich nicht mehr im gleichen Mass wie vorher arbeite, hat nunmal leider finanzielle Konsequenzen. Das spürt unsere Tochter. Das tut weh.
Ladies an die Macht
Die zweite Geschichte war aus Schneewittchen, es wurde ohne weitere Interventionen zugehört, wobei es mich ja bei der furchtbaren Geschlechterordnung jedes Mal schüttelt: Die Zwerge gehen in den Bergbau und Schneewittchen fegt das Haus. Hrmpf.
Bei der dritten Geschichte waren wir bei Arielle, der Meerjungfrau. Es ging um die Stelle, als Arielle und Prinz Eric im Boot sitzen und sich nicht getrauen, sich zu küssen. Am Ende fallen sie ins Wasser. LadyGaga plötzlich: «Warum küsst Arielle ihn nicht einfach? Warum wartet sie darauf, dass er sie küsst?!» Sie schüttelte den Kopf. Good girl. My girl!
Als das Licht im Zimmer schon gelöscht war, quäkte sie noch: «Wie kann Ursula (die böse Meerhexe) eigentlich eine Zauberkugel im Wasser haben? Und wo hat sie die überhaupt her?» Öhm. Alles gute Fragen. Hier war Detailwissen gefragt. Hab ich aber nicht. «Hmmm…….. Vielleicht hat sie die auf dem Flohmarkt gekauft?»
«Nein, das geht doch gar nicht», lachte meine kleine grosse Tochter.
Sie drehte sich um, kuschelte sich an eines ihrer hundertmillionen Kuscheltiere und schlief zufrieden ein.
Ich verliess das Zimmer mit einem Lächeln im Gesicht.
Die zweite Meinung
Als ich die Geschichte heute meinem Mann erzählte, sagte er etwas, das mich total aus der Bahn warf: «Das mit dem Zeichnen ist psychosomatisch.» Ich verstand sofort, was er meinte, obwohl ich gestern gar nicht auf diese Idee gekommen wäre. Ich fragte LadyGaga beiläufig, wie es denn so mit dem Zeichnen in der Vorschule gehe. «Nicht so gut», sagte sie betrübt. «Alle anderen zeichnen viel besser als ich. Ich kritzle nur so rum und die Lehrerin war nicht zufrieden mit mir.» Mein Herz blutete bei diesen Worten. Dieses kleine, süsse Mädchen ist gerade mal vier Wochen in der Vorschule und hat schon Minderwertigkeitskomplexe 🙁 Sie hat noch nie sonderlich gut gezeichnet und wir haben es nie forciert, weil sie so viele Dinge sehr gut kann. Wir dachten, das kommt von alleine. Mein Mann sagte heute auch: «Man kann nicht in allem gut sein.» Aber dass sie das so sehr belastet, dass sie sich wünscht, besser zeichnen zu können, beschäftigt mich.
Ich will nicht, dass sie sich schlecht fühlt in der Gruppe. Soll ich also mehr mit ihr malen? Oder ist das schon Früh-Förderung? Braucht es das wirklich? Was meint ihr? Sollen wir den Dingen weiterhin einfach ihren Lauf lassen? Wie war/ist das bei euren Kindern?
Also unsere Tochter malt auch über den Rand. Aber es wird Dir keine große Hilfe sein, weil sie ja erst zwei ist. 😉
Dennoch denke ich, dass man den Kindern nicht solchen Druck machen sollte. Du kannst ja gerne mit ihr mal, wie nebenher, etwas malen üben. Aber ich denke, wenn sie merkt, dass es zu Übungszwecken ist, greift das vielleicht wieder das Selbstbewusstsein an.
Das wird schon, ist sicherlich nur eine Frage der Zeit!
Lieben Gruß, Wiebke
"Die Lehrerin war nicht zufrieden mit mir"? Das würde ich dann eher bei der Lehrerin ansprechen, als deine Tochter zur Frühförderung zu schicken. Es ist Zeichnen, nicht Mathe. Das MUSS man nicht zwangsläufig perfekt können, oder? Ich würde eurer Tochter sagen, was dein Mann auch sagt: Man kann nicht in allem gut sein, und das muss man auch nicht. Natürlich kann es sein, dass Lady Gaga mit dem Zitieren der Lehrerin etwas übertreibt, sich eine kleine Bemerkung zu sehr zu Herzen nimmt oder sie falsch verstanden hat. Vielleicht hat die Lehrerin zum Beispiel kritisiert, dass sie sich nicht konzentriert oder keine Mühe gibt. Aber wenn sie ihr bestes gibt und es nun einmal nicht besser kann, sehe ich nichts schlimmes darin, wenn man halt nicht so gut malen kann. Oder?
Zu meiner Sicht sei allerdings noch kurz gesagt: Ich bin kinderlos. 😉
Liebe Grüße
Nele
Also da würde ich mir keine Gedanken machen. Kinder sind doch so unterschiedlich in ihrer Entwicklung. Wahrscheinlich kann LadyGaga dafür andere Dinge besser. Solange sie sonst motorisch keine Probleme hat, würde ich ganz entspannt sein.
Danke für das liebe Feedback, hat mir sehr geholfen 🙂
Ehrlich: Mein Kind ist sechs Jahre … ist gerade in die Schule gekommen… und er hasst Malen.. wenns sein muss kann er da was hinmalen.. aber er mag es nicht.. genauso sieht es auch aus.. er malt gern über die Linie…. etc.
Ich würde der Lehrerin einen Spruch bringen.. sie ist VIER… vier zarte Jahre alt….
Gespräche mit Kindern in dem Alter sind der Wahnsinn, oder?
Ich liebe es, auch wenn es mich manchmal, genau wie Dich, erschreckt, was in so Kinderköpfen vorgeht.
Ich finde es schlimm, dass heutzutage schon in der Vorschule so ein Leistungsdruck aufgebaut wird.
Das ist doch schräg. Bei uns in der Ecole Maternelle haben sie seit letztem Jahr schon 3 smileys: lachend 🙂 / so na ja 😐 / und den 🙁
Furchtbar! (Da waren sie grad 4 Jahre alt!!!)
Mein Sohn malt gern und viel. Wenn er Lust hat. Wenn er kein Bock hat, sieht man das dem Bild ganz eindeutig an.
Von mir hat er das mit dem Gerne-Malen nicht. Ich kann nicht malen und ich kann das noch nicht mal leiden. Ich hätte wohl immer eher den 🙁
Ich finde, malen kann man auch nicht lernen oder? Man kann es oder nicht. Und Malen muss Spaß machen und wie soll sie bei dem Druck Spaß haben?
Einmal im Monat haben wir Malatelier hier im Ort, vielleicht hast Du das bei mir mal gelesen. Eine tolle Künstlerin die das anbietet – die ganze Familie. Du darfst nach Herzenslust malen, am Ende sehen wir alle aus wie Sau. Sie ermutigte mich, mitzumachen. Ich sagte "ich kann nicht malen" da meinte sie:
"malen ist Kunst. Da gibt es kein ich kann nicht und kein schön oder nicht schön. Richtig oder Falsch. Nur die Frage ob es aus dem Herzen kommt. Jedes Bild was man für sich malt, und aus dem Herzen ist schön, weil es genau jetzt aus Dir spricht, da gibt es kein richtig oder falsch, denn es ist ein Teil von Dir"
Ok, das hilft jetzt in der Schule vielleicht leider nicht, aber es ist malen und nicht rechnen.
Wenn ich sehe, wie meiner ganz versinkt im malen und sich keinen Kopp drüber macht- verstehst Du? Sie braucht genau das Gefühl, Spaß und Freude dabei, ohne schon den Druck im Nacken.
Es gibt kein richtig oder falsch 🙂
Oh sorry, ich war mal wieder zu leidenschaftlich um mich kurz zu fassen 🙁
Liebe Grüße
Oh danke liebe Tanja <333 Das hat mich grad sehr inspiriert und motiviert - irgendwie habe ich jetzt das Bedürfnis nach Leinwand und klecksen. ich werde also weiterhin keinen Druck auf sie beim Malen ausüben. Thanx!!!
Danke <33 In einer Woche ist der erste Elternabend - mal schauen, was das ergibt (ausser einem Blogpost ;-)..).