Die liebe Nicole von Schlaflose Muttis und Scoyo, das Magazin über Lernen, Schule, Medien & Familie, haben zur Blogparade zum Thema «Förderwahn oder Lass-mal-gut-sein: Wie viel Helikopter steckt in dir?» (Hashtag #helikopterich) eingeladen: Was ist zu viel, was zu wenig Förderung? Wo können Eltern selbst helfen und wann brauchen Kinder externe Unterstützung? Oder sollte man als Eltern einfach Ruhe bewahren?
Auf den Titel der Parade bin ich sofort angesprungen. Ich, helikoptern?! Hier meine Gedanken dazu.
Lehrer und Eltern wollen das Gleiche. Oder?
Meine Kinder gehen noch nicht in die Schule. Aber LadyGaga besucht seit August die VORschule, so dass ich hier doch schon in Berührung mit dem Schulsystem gekommen bin. Die Lehrerin steht kurz vor der Pensionierung und führt ein striktes Regime. Das finde ich zum einen gut, zum anderen irritiert es mich. So erzählte LadyGaga jüngst, dass die Lehrerin geschimpft hat, als sie die Konturen einer Zeichnung nicht sauber ausmalte. WTF, sie ist 5! Oder sie muss auf ein «stilles Bänkchen» sitzen, wenn sie zu laut ist oder aus der Sicht der Lehrerin irgendetwas angestellt hat. Ich kenne dabei jeweils nur die Erzählung der Tochter. Was glaube ich, was ist phantasiert? Dazu muss gesagt werden: Als ich der Lehrerin im Herbst einen Brief schrieb, um sie darin zu bitten, darauf zu achten, dass LadyGaga nach dem Unterricht wirklich den Weg zur Kita einschlägt (nachdem LadyGaga das ja einmal nicht getan hatte, nirgends auftauchte und ich Todesängste durchlitt), erfuhr ich von der Kitaleiterin, welche die Lehrerin ebenfalls deswegen kontaktiert hatte, dass sich dieselbige über mich lustig gemacht hatte. Helikopter, ich?! Ich war bisher immer Laissez-faire und «das Kind entwickelt sich schon»! Aber plötzlich spüre ich da Knospen einer Löwen-Helicopter-Mom in mir. Wieso darf eine Lehrperson über meine Tochter, über mich urteilen? Wer definiert denn, wieviel Mama-sein zu viel ist? Andererseits kann ich mich auch in die Lehrerin hinein versetzen: Wenn 20 Mütter solche Briefe schreiben, wird es wohl auch nicht lustiger im Leben. Ein echter Zwiespalt, vergleichbar mit dem Verhältnis Patient – Arzt. Früher war der Arzt der Halbgott in weiss. Heute haben wir Dr. Google und wissen vermeintlich vieles besser als der Fachmann/die Fachfrau, die uns in der Sprechstunde gegenübersitzen. Und dennoch: Die Ärzte müssen sich der «neuen» Generation der Patienten anpassen, müssen also noch besser sein als das Internet, noch empathischer, noch vertrauter mit dem Patienten. Arzt und Patient sollten ein Team bilden. Und nun zwingt sich mir der Vergleich auf: Sollte es mit dem Eltern-Lehrer-Verhältnis nicht dasselbe sein?! Wir ziehen doch alle am gleichen Strang!
Momentan interveniere ich nicht. Wie das in Zukunft sein wird, weiss ich aber nicht. Was, wenn ein Lehrer meine Kinder nicht mag oder er didaktisch nicht gut ist? Was, wenn das Verhältnis Lehrer – Schüler getrübt ist? Ich spüre bereits jetzt, dass es nicht einfach für mich sein wird, die Verantwortung über die Fortschritte der Kinder im Schulsystem einfach aus der Hand zu geben. Wann und warum werde ich also meine Kinder fördern wollen?
Förderung im Hause Gaga-Copperfield
Bereits jetzt hatten wir das Thema Förderung im Hause Gaga-Copperfield, wenn auch nicht bezogen auf Schulleistung – aber die Parallelen sind eindeutig. Ich möchte, dass LadyGaga schwimmen lernt. Ich finde das wichtig, und sie war auch sehr interessiert daran. Also haben wir sie im Herbst in einen Schwimmkurs Stufe 1 geschickt. Sie konnte ausser Plantschen noch nichts. Nach dem Kurs hätte sie den Kopf untertauchen können sollen. Hätte. Sie konnte es nicht, weil sie es nicht erträgt, Wasser auf/in die Augen zu kriegen. Und die Lehrerin riet uns dazu, privat mit LadyGaga zu üben, damit sie die Angst vor dem Wasser verliert. Andernfalls wird sie nicht in Stufe 2 vom Schwimmunterricht zugelassen. Nun gut, nach dem Weihnachtsstress ging mein Mann heute mit der Tochter alleine ins Schwimmbad. Unser elterliches Ziel: LadyGaga übt spielerisch mit Papa tauchen. LadyGagas Ziel: LadyGaga plantscht mit Papa. Und nun ratet, wessen Ziel erreicht wurde.
Als sie wieder zuhause waren, stellte ich lapidar fest: Dann können wir den Schwimmkurs für ein halbes Jahr genauso gut ad acta legen. LadyGaga weigert sich zu tauchen, was will ich da also frühfördern? Wir zwingen sie nicht.
Genau gleich beim Thema Schreiben, Lesen, Rechnen. Wir versuchen, LadyGaga spielerisch daran heranzuführen, nie aber unter Zwang. Ob andere Kinder in ihrem Alter schon lesen, schreiben, rechnen können, ist mir dabei ziemlich egal. Wenn LadyGaga aber wissen möchte, wie man ein Wort schreibt und was 2 + 2 ergibt, dann helfe ich ihr.
Ich fördere, also bin ich (Mama)?
Ich lasse LadyGaga so sein, wie sie ist, weil sie noch in kein Schulnotensystem gepresst wird. Sie hat letztes Jahr begeistert mit Ballett angefangen. Und hatte plötzlich keine Lust mehr. Ich lasse sie. Weil ich weiss, dass der Druck noch früh genug kommen wird. Nichtsdestotrotz: Wir lesen LadyGaga sehr viel vor. Auch das ist Frühförderung!
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Meine eigenen Erfahrungen
Ich selbst war insgesamt eine gute Schülerin. Sprachen und Geschichte top. Naturwissenschaftliche Fächer: naja, muss halt (meistens knapp ungenügend oder knapp genügend). Aus heutiger Sicht haben mich meine Eltern vor dem eigentlichen Englischunterricht (der damals erst mit 14 Jahren begann) sogar zusätzlich gefördert, indem sie eine Studentin engagierten, die mit mir Englisch paukte. Weil ich mir das wünschte! Eigentlich schauten wir aber nur zusammen die Lyrics von Popsongs an, die ich nicht verstanden hatte, denn ich wollte ja Sängerin werden… So bin ich spielerisch in die englische Sprache eingetaucht. Und obwohl ich nie Mathe-, Physik- oder Chemienachhilfe bekam, habe ich es trotzdem bis zum Abi und an die Uni geschafft. Ich denke, weil ich insgesamt gerne zur Schule gegangen bin und auch gerne gelernt habe. Nachhilfeunterricht wäre für mich persönlich aber eine Tortur gewesen. Ich war und bin mehr der Autodidakt und war auch an der Uni bei den Kommilitonen dafür bekannt, dass ich mich zwar für Vorlesungen einschrieb, sie aber nie besuchte. Jemandem im Frontalunterricht zuhören? Irgs. Auch die berufsbegleitende Weiterbildung, die ich letztes Jahr erfolgreich abgeschlossen habe, bestand zu 50% aus Frontalunterricht. Das habe ich alles zuhause nachgeackert, weil ich in den Unterrichtsstunden regelrecht im Koma sass – obwohl der Kurs absolut top war!
Die Wahrheit
Ich wünsche mir Ehrlich gesagt ERWARTE ich von meinen Kindern, dass sie gerne lernen. Lernen macht Spass – mir zumindest. Lernen ist ein Prozess. Meine Kids müssen nicht die besten sein, weder in der Schule noch im Leben. Vielleicht werden sie Schwierigkeiten in der Schule haben, weil ihnen bestimmte Gebiete nicht liegen. Aber Ehrgeiz, Interesse an den Dingen sollten LadyGaga und Copperfield schon mitbringen. Ich möchte, dass sie etwas erreichen im Leben, dass ihnen nach der Schulzeit alle Türen offen stehen. Und dazu brauchen sie zwangsläufig auch gute Noten. Das klingt jetzt hart, aber es ist die meine Wahrheit. Wen will ich da belügen? Wenn also meine Kinder diesen Anforderungen nicht gerecht werden – was ja durchaus möglich ist –, werde ich, werden sie, werden wir tatsächlich vor einem Problem stehen. Ich möchte keinen Druck ausüben. Aber Theorie und Praxis sind so eine Sache. Bin ich dann schon eine Helicopter Mom, wenn ich meine Kids lerntechnisch unterstütze? Ich denke, es ist wie bei vielem im Leben: Die Mischung macht’s, und Übertreiben hilft keinem. Wir sollten auf unsere Kinder und ihre Bedürfnisse hören, sie wo nötig unterstützen, ihnen aber auch den nötigen Freiraum lassen, sich selbst zu sein. Wer denn sagt, was nötig ist? Wer, wenn nicht wir Eltern?! Weil das zu unserer Generation ein Stück weit einfach dazugehört.
Gewinnspiel
Bei der letzten Scoyo-Blogparade zum Thema Medienerziehung habe ich bei Berlinmittemom zwei 6-monatige Lernmitgliedschaften gewonnen, eine für mich und eine für euch! Unabhängig vom aktuellen Blogpost (der in keinster Weise gesponsert ist!), verlose ich heute unter meinen Lesern diese 6-monatige Lernmitgliedschaft bei scoyo, der Lernplattform für Kinder. Hinterlasst hier einfach bis 18. Januar einen Kommentar und ihr nehmt automatisch an der Verlosung teil. Wer den Beitrag per Twitter oder Facebook teilt, erhält jeweils ein zusätzliches Los. Viel Glück!
Ein sehr schön zu lesender Post, in dem ich mich an vielen Stellen wiederfinde, ja wiedererkenne. In Sachen Schule habe ich ja nun Erfahrungen gemacht und habe genau das erlebt, was Du befürchtest: als renitente, überehrgeizige Mutter wahrgenommen zu werden, die Druck auf ihr Kind ausübt. Da eine gute Balance zu finden, war schwierig.
Ich sehe bei Dir keine "Helikopter"-Gefahr. Heli-Mütter sind für mich jene, die ihren Kindern alles abnehmen, ihnen nichts zutrauen und sie nicht ihr Ding auch mal alleine machen lassen. Insofern: Ich kann Dich in Deinem Weg nur bestärken! 🙂
PS: Ich möchte bitte an der Verlosung nicht teilnehmen. Danke.
Liebe Séverine,
ich denke mit Grauen an die Vorschule zurück, denn da habe ich auch so meine Erfahrungen mit dem harten Regime einer Lehrerin gemacht.. Wann immer ein Kind eine (Haus)aufgabe vergessen hatte, musste es sich vor die Klasse stellen und erstmal eine Runde schämen.. GRAUSAM!!!! Gott sei Dank ist das vorbei… Vielen Dank für deinen tollen Beitrag zur Blogparade. Ich habe mich so oft wieder erkannt und musste kräftig schmunzeln 😉
Liebe Grüße
Nicole
Toller Post.
Lernen macht Spaß, so lange es den Kindern nicht vermiest wird. Hier gerade bei uns der Fall. Und nein, Lehrer wollen nicht das Gleiche wie wir Eltern. Manche Lehrer möchten einfach ihren "Job" machen und dabei möglichst relaxed den Tag rumbringen. Und dann nach hause gehen.
Verständlich, aber da sage ich: Beruf verfehlt.
LadyGaga wünsche ich einen ganz tollen engagierten Lehrer, der die Zeit und den Spaß hat auf die Kinder einzugehen!
Liebe Grüße
Suse
Ui, dann hoffe ich, dass wir mehr Glück haben werden oO.
Die Scoyo-Lernmitgliedschaft geht an Suse, herzlichen Glückwunsch!