Die Schweiz aus dem Kopf – Gastbeitrag von Familienbetrieb


Mit Christian vom Familienbetrieb habe ich schon ganze zehn Minuten Smalltalk auf der Blogfamilia in Berlin geschafft. Zehn Minuten! Dann musste ich gehen. Oder er. Das weiss ich nicht mehr so genau. Aber ich glaube, das war doch ich. Fazit: Mit dem lässt sich quatschen. Ich habe keine Ahnung mehr, was wir geredet haben. Den Käsekuchen habe ich leider verpasst, aber was nicht is(s)t, kann ja noch werden. Christian, ich bin bereit! Auch für mehr als zehn Minuten, bestimmt! Heute beantwortet der famose Familienbetrieb auf dem Blog, was er mit der Schweiz assoziiert. Und ja, ich habe gekreischt, als er für den Gastbeitrag zugesagt hat. Käsekuchen und so.     

 

Für die «Welt am Sonntag» hat der Autor Jan Weiler vor ein paar Jahren die Serie «Europa aus dem Kopf» verfasst. Dazu hat er für jedes EU-Land in 20 Sekunden Stichwörter notiert, die ihm spontan einfielen. Diese Wörter hat er dann benutzt, um über jedes EU-Land einen Text zu verfassen. Ohne zusätzlich im Internet zu recherchieren, sondern nur anhand der aufgeschriebenen Wörter.

Was Jan Weiler recht ist, soll mir nur billig sein. Somit habe ich als Deutscher das gleiche Experiment mit der Schweiz gemacht. Allerdings habe ich mir 60 Sekunden für meine Stichwort-Sammlung gegönnt. Es ist sehr erstaunlich – beziehungsweise erschreckend und beschämend –, wie sich bei meinen Assoziationen lückenhaftes Wissen über die Schweiz mit totaler Ahnungslosigkeit und klischeehaften Stereotypen vermischt.

Sollten sich Schweizerinnen und Schweizer durch meine unqualifizierten Ausführungen gekränkt oder herabgewürdigt fühlen, sei ihnen versichert, dass dies nicht meine Absicht war, sondern lediglich billigend in Kauf genommen wurde, um platte Pointen zu setzen. Ich hoffe, mein Text führt nicht zu ernsthaften diplomatischen Verwerfungen im schweizerisch-deutschen Verhältnis. Trotzdem viel Spaß beim Lesen.


Die Schweiz ist ein eher kleines Land. Geografisch liegt es quasi im Herzen West-Europas. Politisch allerdings nicht. Denn die Schweiz will immer neutral sein. Das ist den Schweizern sehr wichtig. Da wundert es auch nicht, dass einer der bekanntesten Schweizer in Deutschland ein Fußball-Referee ist: Urs Meier. Der analysiert bei den großen Fußball-Turnieren im ZDF immer die kniffligen Schiedsrichter-Entscheidungen. Dabei schafft er es, auch bei den gröbsten Fehlentscheidungen, die nur mit Blindheit oder Bestechlichkeit zu erklären sind, ein sachlich ausgewogenes Urteil zu fällen. Ein echter Schweizer!

Das internationale Autokennzeichen für die Schweiz lautet «CH». Wofür diese Abkürzung steht, ist mir nicht bekannt (und Google darf ich ja nicht bemühen). Möglicherweise eine Anspielung auf die gutturalen Laute, die Schweizer beim Versuch, Hochdeutsch zu reden, aus der Kehle pressen. Ich selbst bin übrigens im Westerwald aufgewachsen, wo ein nuschelnder Dialekt vorherrscht, bei dem das weiche «ch» wie ein «sch» ausgesprochen wird. Daher kommt es auf den Kontext an, ob es sich bei einer Kirsche um ein Stück Obst oder um ein christliches Gotteshaus handelt. Eine Kreuzung aus einem Schweizer und einem Westerwälder sollte somit eine Person hervorbringen, die perfekt Hochdeutsch redet. Aber das nur am Rande.

Politisch-administrativ ist die Schweiz föderal organisiert. In Kantonen. Das klingt ein bisschen wie Karton. Fand ich zumindest als Kind. Mir gefiel die Vorstellung, dass in der Schweiz alles in Kartons verpackt ist. Auch die Häuser und Menschen. Irgendwie passt das, ist die Schweiz doch eines der ordentlichsten und saubersten Länder der Welt.

Der einzige Kanton, den ich namentlich kenne, ist Uri. Ein Wissen, das ich meiner Oma und ihren Kreuzworträtselheftchen zu verdanken habe. Da wurde immer nach dem Schweizer Kanton mit drei Buchstaben gefragt. Den Namen Uri mochte ich immer. Das hört sich nach «urig» an. Gemütlich. Deutschland könnte sich daran ein Beispiel nehmen und seinen Bundesländern auch hübschere Namen verpassen. Bayern könnte zum Beispiel «Supi» heißen. Dann wären die Bayern, die dann «Supies» genannt würden, und ihr Geschwätz vielleicht besser zu ertragen.

Aber zurück zu den Schweizern. Besonders heilig ist ihnen das Bankgeheimnis. An dem darf nicht gerüttelt werden. Unter gar keinen Umständen. Auch nicht, wenn dadurch deutsche Steuersünder Millionen am Fiskus vorbei in die Schweiz schleusen. Verkauft ein vom schlechten Gewissen geplagter Schweizer Banker als Kronzeuge eine Daten-CD mit Namen von Steuerhinterziehern an deutsche Finanzbehörden (wahrscheinlich steuerfrei), werden die Schweizer sehr böse.

Um wieder bessere Laune zu bekommen, können sie Schoki essen. Aus der Schweiz kommt nämlich die weltbeste Schokolade. Eigentlich müssten die Schweizer bei dieser leckeren Schokolade das dickste Volk der Welt sein. Sind sie aber nicht. Wahrscheinlich weil sie das disziplinierteste Volk der Welt sind. Vielleicht ein Überbleibsel der freudlosen Askese des Calvinismus, der seinen Ursprung in der Schweiz hat.

Neben der Schokolade steht der Raclette-Käse für die kulinarischen Errungenschaften der Schweiz. Obwohl die Schweiz flächenmäßig viel kleiner als Deutschland ist, hat sie es durch eine geschickte Expansionsstrategie geschafft, dass ausnahmslos alle Deutschen zu Silvester Raclette essen. Ende Dezember nehme ich mir immer vor, im nächsten Jahr im großen Stil Aktien eines Raclette produzierenden Unternehmens zu erwerben und damit unendlich reich zu werden. Im Januar habe ich es dann aber wieder vergessen.

Der größte musikalische Exportschlager der Schweiz der letzten Jahre ist DJ Bobo. Das ist nicht so schön. Aber immerhin ist es nicht DJ Ötzi. Und auch nicht Helene Fischer.

Kein Schweizer ist Albert Schweitzer. Trotz seines Namens. Aber die Schweiz heißt ja auch Schweiz und nicht Schweitz. Dafür ist Henri Dunant tatsächlich Schweizer. Der kommt aus Genf. Das ist noch keine bemerkenswerte Leistung. Aber er hat das Rote Kreuz ins Leben gerufen. Und das ist eine tolle Sache. Woher ich das weiß? Keine Ahnung. Aber ich hoffe, dass es einmal die Antwort auf die letzte Frage bei «Wer wird Millionär ist» und ich dann Günter Jauch gegenüber sitze. Das wäre auch eine tolle Sache. Dann wäre ich Millionär, könnte in die Schweiz übersiedeln und jede Menge Steuern sparen. Und ich äße nur noch Schokolade. Im Kanton Uri. Mit Urs Meier.

Der Reigen geht weiter – mit der smarten Julia von Mama Schulze. 

5 thoughts on “Die Schweiz aus dem Kopf – Gastbeitrag von Familienbetrieb

  1. Wunderbar! Ich verneige mich vor so viel Halbwissen, das Christian auch ohne Google zu bemühen in so eine humorvolle und leicht verdauliche Form gebracht hat. Quasi das Gegenteil von Raclettekäse.

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