Vielleicht wird ja alles besser – und doch nicht schlechter

Anzahl Gespräche mit anderen Eltern, in denen ich darauf aufmerksam gemacht wurde, dass ich erst einmal abwarten soll, bis die Kinder in der Pubertät sind und wie schlimm DAS erst ist: 2‘314. Anzahl Gespräche, die mich genervt haben: 2‘314.

(c) Fotolia
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Ich weiss ja echt nicht, warum man immer darauf herumreiten muss, dass die Kleinkindphase gar nicht so schlimm ist. Dass man es geniessen soll, solange sie noch so klein sind. «Kleine Kinder kleine Sorgen, grosse Kinder grosse Sorgen.» Börgs.

Mag ja alles sein. Muss es aber nicht.

Ich habe diese Woche zum ersten Mal eine Mutter getroffen, die was ganz anderes zu mir sagte: «Seit die Kinder in der Pubertät sind, ist es so toll! In der Kleinkindphase und im Grundschulalter konnte ich ehrlich gesagt nicht so viel mit ihnen anfangen. Das war wohl einfach nicht mein Ding. Aber heute geniesse ich es, mit den Kindern etwas zu unternehmen. Ich kann mich auf sie verlassen, sie sind selbständig geworden. Und wenn sie mich brauchen, bin ich für sie da. Ich liebe es, mit ihnen zu diskutieren, zu kochen, mal einen Film zu schauen. Klar, sie sind Pubertiere und es gibt schon Konfliktsituationen. Aber sie sind einfach toll!»

Ihre Worte haben mich nachhaltig berührt und geben mir Hoffnung. Hoffnung, wenn ich ein schlechtes Gewissen habe, weil mich das Gebrüll des Kleinen überfordert und ich mich frage, was das alles eigentlich soll. Hoffnung, wenn mich LadyGagas Socken-Tobsuchts-Anfälle auf dem Zahnfleisch gehen lassen. Hoffnung, wenn mich der Spagat zwischen Karriere und Kindern wieder einmal zerreisst. Ich soll es geniessen?! Klar geniesse ich meine Kinder. Ich liebe sie. Aber ich habe manchmal auch dieses Gefühl von «Das ist nicht mein Ding, ich hätte mir lieber ne Pflanze besorgen sollen.»

Und dann zu hören, dass es in der Pubertät SCHLIMMER wird, ist echt mies. Das ist, als würde man zu einer Schwangeren sagen «Awww, Du bist schwanger? Geniesse es, solange Du noch kannst. Nachher dreht sich alles nur noch um das Baby, Sex kannst Du in Zukunft vergessen und Schlaf erst recht. Du kannst froh sein, wenn Du mal duschen kannst. Awww, ich freu mich ja so für Dich. Es war so toll, schwanger zu sein.» Ah ja.

Wir sind, wer wir sind. Unsere Familienkonstellationen sind einzigartig.

Manche gehen von Anfang an komplett in der Elternrolle auf. Andere kämpfen um ihre eigene Autonomie. Niemals aber sollten wir von uns auf andere schliessen. Bisher hatte ich immer ein mulmiges Gefühl bezüglich der Pubertät. Ich bin dankbar für das, was ich habe. Ich liebe meine Familie. Aber ich könnte sie auch mal an die Wand klatschen. Und zu wissen, dass es nicht zwangsläufig schlechter werden muss, wenn die Kinder Teenies sind (GENIESSE DAS GESCHREI JETZT ENDLICH! NACHHER WIRD ES SCHLIMMER!!!), beruhigt doch ungemein. Vielleicht wird es ja wirklich schlimmer. Vielleicht aber auch nicht. Berlinmittemom Anna sagte einmal zu mir: Es wird einfach anders.

Alles ist möglich – und nach oben gibt es noch Steigerungspotenzial, finde ich.

Habt ihr schon Teenies zuhause und könnt meinen Lesern und mir etwas MOTIVIERENDES mit auf den Weg geben? Jede Zeit hat doch ihr Gutes, oder? Ich freue mich auf eure Kommentare!

10 thoughts on “Vielleicht wird ja alles besser – und doch nicht schlechter

  1. Ja, die Tipps und Hinweise anderer sind echt grandios 🙂 Ich habe zwei Mädchen (fast 5 und fast 1) und höre auch in regelmäßigen Abständen „Kleine Kinder, kleine Sorgen, große Kinder,…“ Danke, sowas will ich auch nicht wissen. Abwarten, alles eine Frage der Erziehung 😉
    Liebe Grüße,
    Berenice

  2. Oh, wie wundervoll, was die andere Mutter über ihre eigenen Kinder gesagt hat – ich habe noch keine Eigenen, aber ich kann mit Babys und Kleinkindern nicht viel anfangen – ich merke es immer wieder, wenn Feunde, Bekannte, Verwandte Eltern werden. Auch bei meinem Patenkind war es so.
    Und aufgrund dessen muss ich ganz ehrlich zugeben, dass es mich freut, dass es – scheinbar – Anderen auch so geht… ich mache mir nämlich wirklich Gedanken, wie das mal wird, wenn ich schwanger bin und dann selbst so ein kleines Kind daheim habe und nicht weiß, was ich nun tun soll.. ;D Aber so lang lese ich einfach weiter Mama Blogs und dann wird’s schon irgendwie gehen…

    Liebe Grüße
    Nadine

  3. Also meiner ist zwar erst so jung, wie Deine Lady Gaga, aber ich finde, es wird immer interessanter. Ganz langsam schält sich die Person heraus, die er einmal sein wird…. er argumentiert, teilt seine Meinung mit, vertritt seine Interessen, nimmt konstruktiv an Gesprächen teil und bringt sich ein. Ich bin jeden Tag aufs Neue gespannt, was da wieder Interessantes kommen wird und wohin die gemeinsame Reise geht.

  4. Ich kann Dich trösten: die Kinder sind immer wunderbar! Ob Dir ein Einjähriger den Brei ins Gesicht wirft oder Deine 11jährige mit gelangweiltem Gesicht und Kopfhörern im Ohr am Abendbrottisch erscheint, es ist einfach reizend. Mit den Minis konnte ich endlich stundenlang ohne Ziel Kaninchen streicheln, mit den Großen kann ich Filme wie „Ziemlich beste Freunde“ schauen. Die Kleinen haben mir niedliche Lieder gesungen, die Großen erledigen alle Wege alleine und kochen auch schonmal Mittagessen. Bei den Kleinen bleibt Dir das Herz stehen beim nächtlichen Krupphusten, bei den Großen fragst Du Dich, ab wann man es als Spielsucht bezeichnet, was die da am Smartphone abziehen.
    Will sagen: Jede Phase des Familienlebens ist einzigartig, nicht schlechter, nicht besser, nicht stressiger oder entspannter. Aber wenn es besonders anstrengend ist, tröste ich mich mit der Weisheit einer Freundin, die mal sagte: Kinder sind 100% anstrengend: Wenn sie in der frühen Kindheit sehr stressig waren, haben sie schon 80% abgefeiert, dann kommt ne entspannte Pubertät. Ob’s stimmt, wissen wir in 5-10 Jahren.

  5. “Es wird einfach anders.“ Dem kann ich mich uneingeschränkt anschließen.

    Diese Tage, an denen ich sie am liebsten an die Wand klatschen wollte, gibt es auch heute noch, allerdings rar gestreut, im Gegensatz zu früher.
    Meine Jungs werden nächsten Monat 17 und 12, ich genieße seit einiger Zeit (fast) jede Minute, die ich mit beiden oder auch nur einem verbringen kann.

    Ich möchte keinen Lebensabschnitt mit den beiden missen. Dabei möchte ich aber auch nicht unerwähnt lassen, dass ich diese echt doofen Tage, an denen ich von meiner Unfähigkeit, meine Kinder ordentlich groß zu bekommen, überzeugt war, nicht vergessen habe. Auch ich kann mich daran erinnern, zwischendurch darüber nachgedacht zu haben, ob Kinder zu bekommen für mich eine gute Entscheidung war. Jetzt weiß ich, das es meine beste war.

    Liebe Severine, genieße die schönen Tage und versuche die arg schlechten schnell abzuhaken. Die gibt es immer und ich glaube in jeder Familie und in jedem Lebensabschnitt.

    Freue dich in Bezug auf die Pubertät auf mehr Freiheit, mehr Ruhe bei der Arbeit und vor allem auf immer schönere und tiefergreifende Gespräche mit deinen Süßen. Auf Diskussionen, Autofahren lernen, trösten, lernen, sie ziehen zu lassen und merken, wie sie Verantwortung gern übernehmen. Zuzusehen, wie sie eigenständig und eine eigene Persönlichkeit werden, ist das allergrößte.
    Mach dich aber auch auf aufmüpfige Konfrontationen gefasst, darauf, dass du ihnen manchmal alles einzeln aus der Nase ziehen musst ? und manchmal zwischenfunken und lenken musst. Auch dabei fühlt man sich manchmal hilflos und leise kommen wieder diese alten Zweifel, aber ganz leise und sie werden schnell wieder relativiert.
    Es sind halt diese Tage?
    Die Brut fordert dich halt anders, aber du kannst auch ganz anders mit ihnen kommunizieren.

    Und jetzt noch ein klitzekleiner Gedanke in eigener Sache:
    Wenn dir Mütter älterer Kinder sagen, du sollst die Zeit genießen, (ich glaube nämlich, ich fühle mich ertappt?), dann meinen sie vielleicht ja gar nicht, dass es alles noch viel schlimmer wird. Vielleicht haben sie ja einfach nur im Hinterkopf, dass du die schöne Zeit noch vor dir hast, während ihnen nur noch ein paar gemeinsame Jahre mit ihren Kindern bleiben?
    Ganz liebe Grüße ?

  6. Das Thema beschäftigt mich auch immer wieder, weil ich Kolleginnen mit älteren Kindern habe, die mir ihre Erfahrungen – gewollt oder ungewollt 😉 – weitergeben und ich selbst aber immer die Babyzeit als am anstrengendsten empfunden habe. Bis jetzt (5 Jahre Mamasein) ist alles ganz langsam, in Mini-Schritten, nicht stringent, aber kontinuierlich immer etwas besser geworden, und ich hoffe, dass sich diese Tendenz fortsetzt 🙂
    Habe auch mal darüber schrieben und verlinke meinen Text mal hier, wenn es okay ist:

    http://fruehlingskindermama.blogspot.de/2015/06/kleine-kinder-kleine-sorgen.html

    Liebe Grüße!

  7. Das ist mal gut gesagt und gefragt. Es stimmt ja, dass immer alle sagen: „Warte mal auf die Pubertät.“ Und das steckt schon so in meinem Denken, dass ich selbst manchmal denke: „Oh weia, wie soll das denn dann werden, wenn DIE mal in der Pubertät sind.“ Dabei kann man das ja garnicht wissen. Schwierige Phasen gibt es immer mal wieder.
    Wenn man da mal genauer drüber nachdenkt….vielleicht muss man sich in der Pubertätsphase der Kinder einfach mal an die eigene Pubertät erinnern und kann dann viel passender reagieren und schon läuft es ganz gut.
    Im Grunde ist doch auch jede Phase total spannend und ich versuche jeden Abschnitt zu genießen. Ich mag es wie die Jüngste nun beginnt zu sprechen und finde das super süß. Und beim großen Bruder staune ich, über was man sich mittlerweile alles unterhalten kann.
    Außerdem stimme ich der Frühlingskindermama zu. Ich empfinde es auch mit jedem Jahr leichter. Die zunehmende Selbstständigkeit der Kinder ist toll. Es macht mich als Mama auch freier.

    Lg

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