Ich höre ihn oft, diesen Satz: «Du musst die Kinder geniessen, so lange sie noch klein sind.»
Es ist dieser wissende, leicht melancholische Unterton, der mich jeweils ungewollt ein wenig provoziert, mich in eine Ecke treibt, wo ich nicht gerne stehe: beim schlechten Gewissen, das mir als alter Bekannte fröhlich zuwinkt.
Was soll ich geniessen zwischen Windeln wechseln und Kotze aufwischen? Geniesse ich das Mutter sein zu wenig? Immer bin ich am Schimpfen, am Ermahnen. Am Hinterherräumen. Immer mache ich mir Sorgen um meine zwei. Immer bin ich am Arbeiten. Immer ist irgendetwas. Immer immer immer.
Habe ich die Babyzeit genossen? Sie kommt für mich nie wieder. Habe ich es wirklich GENOSSEN, oder war ich nicht einfach nur froh, als die Kinder aus dem gröbsten raus waren? Wie nervenaufreibend war doch Copperfields Spuckerei, die dauerte, bis er etwa 10 Monate alt war. Mehrfach täglich musste ich mich und das Baby umziehen. Das vermisse ich nicht.
Geniesse ich die Kinderphase? Wenn man im Alltag drin ist, geniesst man nicht. Man arbeitet Dinge ab. To-do-Listen. Man kümmert sich um die Kinder, nicht nur wenn sie krank sind. Man spielt mit ihnen, man macht, man tut. Man funktioniert und hält die Maschinerie «Familie» am Leben. Man verschiebt vieles auf später.
Ich kenne sie, diese Angst, etwas im Leben meiner Kinder verpasst zu haben und später zu bereuen, nicht genug für sie dagewesen zu sein. Und dabei ist es egal, ob ich 0 oder 100% berufstätig bin. Diese Angst kennen wir als Eltern alle. Bin ich gut genug für sie? Die Wahrheit ist: Es ist nie genug. Das denken wir zumindest.
Aber…
Wenn sich mein Sohn strahlend in meine Arme wirft, ist Zeit keine Grösse mehr. Wenn er meinen Satz «Ich liebe Dich….» ergänzt mit «… bis zum Himmel und wieder zurück!», dann muss irgendetwas richtig laufen. Wenn meine Tochter sich einfach an mich kuschelt, ich ihr gedankenverloren übers Haar streiche und wir zusammen diskutieren, was sie gerne mit mir kochen möchte, dann kann das so falsch alles nicht sein.
Momente des Glücks
Am Samstag war die Swiss Blog Family, der Kongress, den ich für Blogger ins Leben gerufen und organisiert habe. Ich sah die Kinder zwei Tage nicht. Wir wollten nach dem Kongress dafür noch als Familie auf die Basler Herbstmesse gehen. Die Freude in den Augen meiner Kinder, als sie mich am Samstag um 18 Uhr just bei der Verabschiedung der Blogger und mit Goodiebags bepackt sahen, werde ich nicht vergessen. Auch meinen mütterlichen Stolz nicht, als meine Tochter mir sofort und unaufgefordert mit den Goodiebags half.
Am Sonntag waren wir dann auf der Herbstmesse, dem ältesten Schweizer Rummel. Copperfield als Karussell-Fanatiker (hey, welches Kind denn nicht?!) strahlte diese pure, reine Freude aus, als er zum ersten Mal auf dem Karussell auf einem fixierten Fahrrad sitzen durfte und selber in die Pedale strampelte (bisher kennt er nur das Laufrad). Dieser und viele weitere kleine Momente liessen gestern mein Herz überschwappen vor Glückseligkeit. Oder als wir im Hotel frühstückten und Copperfield völlig begeistert eine zweite Portion frischen Joghurt am Büffet schöpfte und juchzend ausrief: «Joghuurt!!» und der Mann neben mir herzhaft lachte und sagte: «Ich möchte auch nochmals so jung sein und mich so über Joghurt freuen können.» Diese Freude spüre ich dank meiner Kinder regelmässig. Sie machen mein Leben bunt. So so bunt. Und ja, das geniesse ich. Das spüre ich. Das nehme ich wahr.
Ich sehe meine Tochter an und denke «bald werde ich sie ein Stück weit an die Pubertät, an ihre Freundinnen verlieren.» Wir streiten schon jetzt viel. Das geniesse ich nicht. Es zermürbt mich. Aber ich vertraue darauf, dass sie immer wieder zu mir zurückkommen wird. Denn meine Liebe soll uns immer tragen.
Ich bin immer für euch da, meine Kinder. Ich geniesse vielleicht nicht jeden Augenblick. Aber ich weiss um das kostbare Geschenk eurer Kindheit. Ich sehe die Momente, unsere «Big Pictures», die für die Ewigkeit gemeint sind. Und ich halte sie hier für euch fest, so wie heute, hier und jetzt. Ich liebe euch so sehr!
Du sprichst mir aus der Seele liebe Severine!
Ich überlege hin und her meine Arbeitszeit zu reduzieren, um den gröbsten Haushaltswahnsinn erledigen zu können bevor ich die Kinder abhole. Mehr Zeit zusammen zu verbringen statt „ich muss noch dies, noch das …“ – reicht die Zeit aus? Diese wenigen Stunden am Nachmittag?
Aber gerade abends, wenn Schlafenszeit ist und sich zwei kleine Kuschelchen an mich drücken, denke ich – irgendwas muss ich wohl doch richtig machen …
LG Sabrina
Liebe Sabrina, Dann geht es Dir ja genau gleich wie mir <3.
Ich hoffe, wir sehen uns bald wieder!
LG Séverine
Hallo liebe Severine,
Ich habe die Leuchtenden Augen deiner Kleinen auf der SwissBlogFamily gesehen und auch deine herzerwärmende Liebe deinen Kids gegenüber.. ? und ich finde du machst das genau richtig! Im Alltag gibt es leider nicht immer diese Momente und man kommt sich wie eine „Meckerziege“ vor, aber in unserem Herzen nehmen unsere Kinder immer den größten Platz in Anspruch und das wird sich auch nie ändern. Und ich finde, wir versuchen immer uns Bestmöglichstes zu geben,dass werden unsere Kinder auch fühlen! Genieße weiterhin solche schönen Momente und hoffentlich bis bald mal wieder..
Grüssle
Danijela
awww DANKE!!!! Ich freu mich grad so über Deine lieben Worte. Auf hoffenlich bald, vieleicht mal auf einen Kaffee?
Danke danke danke für diesen tollen Text! Er kam heute genau im richtigen Moment, genau an einem Tag an dem ich dachte, wieso kann ich das alles nicht mehr genießen, warum mecker ich so viel und freu mich so wenig.
Du hast es geschafft, dass ich die Dinge wieder im rechten Licht sehen kann!
Du sprichst mir aus der Seele. Das hast Du wieder ganz wunderbar geschrieben.
Es geht alles so schnell. Meine n Großer verändert sich grad auch total. Er wird immer „größer“. Am Freitag beim Laternenumzug mit dem kleinen Bruder, drückte er mir kurz nach dem Loslaufen die Laterne in die Hand: „Da, nimm Du sie lieber. Ich bin da jetzt echt zu groß dafür“. Es war lustig und traurig zugleich.
Viele liebe Grüße
Tanja