Am Dienstag war ich bei einem Vorstellungsgespräch – auf der «anderen» Seite des Tisches. Ich freute mich sehr darauf. Neue Leute einstellen zu können, bedeutet nämlich, dass es dem Geschäft gut geht. Jemand in den Social Media fragte mich, ob ich denn Frauen und Männer einstelle. Diese Frage machte mich stutzig. Weil es für mich nämlich total selbstverständlich ist, beide Geschlechter gleich zu behandeln. Auch das Alter war für mich nie ein Diskussionspunkt, der dafür oder dagegen sprach, jemanden einzustellen. Aber es stimmt, das sehen nicht alle so.
Ich habe im Freundeskreis von Arbeitgebern gehört, bei denen aus Prinzip keine Frau zwischen 20 und 40 eingestellt wird, weil sie ja schwanger werden könnte. Ältere Leute werden nicht eingestellt, weil sie teurer sind. Mütter fallen öfter aus, weil die Kinder ja immer krank sind.
Dazu habe ich nur eins zu sagen: BULLSHIT!!!
Ich verstehe, dass es für ein Geschäft, gerade ein KMU, mühsam ist, wenn eine Frau aufgrund einer Schwangerschaft ausfällt. Aber wie ist das mit dem Militär- oder Zivildienst des Mannes…?! Hat schon einmal jemand einen Mann nicht eingestellt, weil er ja noch für ein paar Jahre Militärdienst leisten muss?!?!?!?! Ausserdem ist jede Kündigung mühsam, weil sie das Alltagsgeschäft behindert und im Endeffekt Zeit und Geld KOSTET. Und da muss noch keine schwanger sein, um zu kündigen. Kündigungen sind Alltag.
Ich habe einmal an einem Kongress gehört: «Stellen Sie Mütter ein. Mütter haben keine Zeit zu verplempern!» Ich weiss leider nicht mehr, wer das gesagt hat. Aber. Es. Ist. So. Wahr! Als Mütter haben wir die besten Empfehlungsschreiben überhaupt vorzuweisen:
- Wir jonglieren gleichzeitig mit mehreren Bällen in der Luft.
- Wir managen einen kompletten Haushalt mit allen Terminen.
- Trotz Kindern schaffen wir es, pünktlich zu sein, d.h. wir planen alle Eventualitäten ein, um ans Ziel zu gelangen.
- Dank der Kinder wissen wir, wie mit schwierigen Kunden umzugehen ist.
- Wir haben gelernt, aus 10 Minuten Zeit das Maximum der Möglichkeiten auszuschöpfen. Speditiver als eine Mutter geht doch schlichtweg nicht!!
- Da wir wissen, dass uns jederzeit ein Kind ausser Gefecht setzen kann, arbeiten wir in kürzerer Zeit viel fokussierter als andere.
- Wer Kinder hat, ist während der stressigen Arbeitszeit ohne Kinder tiefenentspannt!
- Und im Endeffekt dankbarer und auch zufriedener als Arbeitnehmer.
Ich selber habe Mütter im Team und kenne niemand zuverlässigeren. Natürlich gibt es auch hier Ausnahmen und nicht alle Mütter sind gleich. Aber Mutter zu sein sollte in der Geschäftswelt keiner Degradierung gleichkommen.
Leute, ich kann es echt nicht nachvollziehen, dass Mütter/potenzielle Schwangere benachteiligt werden, gerade hier in der Schweiz, wo nach drei Monaten Mutterschutz wieder gearbeitet wird bzw. gearbeitet werden kann.
Frauen stellen keine Gefahr für die Wirtschaft dar, sie bereichern sie!
Und so werde ich auch weiterhin Frauen und Männer nach der Qualifikation beurteilen, und nicht nach Geschlecht, Rasse, Alter oder sonst irgendeinem Quatsch. Verflixt nochmal, stehe ich mit dieser Einstellung wirklich so alleine da?!
Zum Weiterlesen: „What Works“ von Iris Bohnet.
Klingt extrem spannend, habe ich direkt bei Amazon bestellt. Danke für den Tipp, Katharina!
Meine Rede! Alle arbeitenden Mütter, die ich kenne arbeiten äusserst effektiv, sie beschweren sich so gut wie nie und sind extrem gut organisiert. Leider ist es immer noch weit verbreitet, dass diese Arbeitseinstellung ausgenutzt wird und Aufstiegsmöglichkeiten so gut wie nicht existent.
Es wäre schön, wenn diese Ressourcen nicht verschwendet werden würden und es zu einer Umstrukturierung im Arbeitsmarkt kommen würde.
Herzliche Grüsse Joevlin
Nein, du bist nicht allein damit! Die Mehrzahl der Mütter ist wirklich sehr speditiv und voll bei der Arbeit. Doch die Vorurteile sind manchmal sehr tief verwurzelt. Ich musste dies schon öfter erleben!
Einer Freundin wurde in einem Vorstellungsgespräch gesagt, Frauen stelle man eh nur halbtags ein, weil die können schwanger werden. Das ist klar gegen das Gesetz, da es Frauen grundsätzlich diskriminiert, aber was will man machen?
Bei einer Zeitarbeitsfirma saß ich eine Zeit lang in der Verwaltung und habe so einige Dinge mitbekommen. Am liebsten möchten manche Arbeitgeber Maschinen einstellen, die immer pünktlich sind, so wenig Geld wie möglich kosten, nie krank werden und sich im Himmels Willen niemals beschweren. Vernünftige Arbeitgeber sind leider die Ausnahmen – und meist in kleinen Unternehmen zu finden.
Ich hatte gedacht, dass das vor allem in gering- oder unqualifizierten Jobs so ist, dieser Leistungszwang. Besagte Freundin hat aber einen sehr gefragten weil schwierigen Beruf studiert, in dem händeringend nach Nachwuchs gesucht wird.
Ältere nicht einstellen zu wollen, weil sie krank werden könnten blabla halte ich im Übrigen für sehr undurchdacht. Ältere sind erfahren, sind meistens gelassener und vor allem kann man immer etwas von ihnen lernen. Zudem haben sie oft noch eine sehr strenge Arbeitsmoral.