Die Stimme aus dem Off

Nennt mich prüde, aber als die Serie Sex and the City 1998 zum ersten Mal im TV lief, war das schon eine grosse Sache. Ich war 21. Ich erinnere mich, dass das ziemlich spektakulär war damals – eine Serie, in der so offen über Sex, Dating-Regeln und das Leben als Single frei berichtet wurde, gab es bis anhin nicht. Heute lächeln wir da alle nur müde darüber. Damals aber war das Innovation, nein Revolution! Ich fühlte mich als Teil dieser neuen, weltoffenen Feminisierung und identifizierte mich vor allem mit Carrie Bradshaw, der Protagonistin. Nicht wegen ihrer Männergeschichten, ihrer Liebe zu Mister Big oder ihrem Faible für teure Schuhe – sondern weil sie Kolumnistin war. Wobei mir schleierhaft ist, wie sie sich als Kolumnistin eben diese teuren Schuhe und auch Kleider leisten konnte. Aber Carrie alias Sarah Jessica Parker ist auch die Erzählerin, die Stimme aus dem Off, die ihre Freundinnen bei all ihren Abenteuern begleitet und die Geschehnisse kommentiert bzw. einordnet. Und das, liebe Leserinnen und Leser, das bin ich.

Ähnlich wie Carrie laufe ich nämlich auch heute noch durch die Strasse und kommentiere mir quasi mein eigenes Leben. Als wäre ich selber die Off-Stimme meiner eigenen Story. Früher, also vor Smartphones und Mails und überhaupt allen digitalen Devices, hatte ich eine Weile immer ein Diktiergerät dabei, in das ich eifrig geniale Sätze diktierte, die ich später niederschreiben wollte. Heute habe ich dafür Twitter, wo ich in Kürze Geniales und weniger Geniales ins Internet rausjagen kann, oder ich notiere mir schnell meine Gedankenblitze im iPhone, damit ich sie später verwenden kann. Damals aber gab es das nicht.

For fucks sake, das ist schon 20 Jahre her. Ich bin froh, sind Sarah Jessica Parker und Co. in diesen 20 Jahren proportional mehr gealtert als ich. Öhm.

 


Witzig ist aber, wie der eigene Fokus sich verändert. Wisst ihr noch, wie das war, als ihr zum ersten Mal schwanger wart? Überall habt ihr damals Schwangere entdeckt, und im TV gab es Beiträge zu Geburten, die euch total in ihren Bann gezogen haben. Alles war schwanger! Zu Sex and the City Zeiten hatten zwar nicht alle Sex um mich herum (und ich ja auch nicht, nein nein, *hust*), aber die Suche nach dem perfekten Partner war schon omnipräsent in dieser meiner Lebensphase.

Und heute? Heute werden mir von allen Seiten Artikel zur Menopause zugespielt (was ich toll finde! nicht aufhören damit!) oder Kolleginnen erzählen mir, dass sie ebenfalls schon verfrüht in der Menopause sind. Ich bin nicht alleine! Im Fernsehen zappe ich in Diskussionsrunden, wo es um die Macht der Wechseljahre geht. Alles alles in meinem Umfeld dreht sich plötzlich um die Wechseljahre und die Erstarkung der Frau in ihrer zweiten Lebenshälfte. Ich mag das. Sehr.

Sagt meine Stimme aus dem Off. Die ist übrigens immer noch 20 geblieben und hat viel Unsinn im Sinn. Cheerio!

One thought on “Die Stimme aus dem Off

  1. Und meine älteren Freundinnen bestätigen mir alle, dass der Sex „danach“ noch viel mehr Spass machen wird, weil das Schwangerwerdenkönnen und Verhütungsgedöns wegfällt…

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