[Werbung] Der folgende Beitrag entstand mit finanzieller Unterstützung und wurde inspiriert durch den Teilzeit-Rechner der Swiss Life.
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Vor kurzem war ich in Zürich an einer Veranstaltung zum Thema «Mythos Vereinbarkeit?» Im Untertitel stand noch: «Kind, Karriere, Kollaps – warum wir in der Debatte um Job und Familie eine neue Ehrlichkeit brauchen». Veranstaltet wurde das Ganze von der Zeitschrift «annabelle». Rebecca Krause von Any Working Mom nahm die Position der Mutter ein, die Vollzeit für ihre Kinder da ist und nicht arbeitet. Ihr konträr war Rebecca Guntern, Head Cluster Europe bei Sandoz, die Vollzeit arbeitet. Diana Wick vom Co-Working Space Tadah war hierzu die Teilzeitversion. Dr. med. Barbara Hochstrasser ergänzte mit Fachwissen zu Burnout und Erschöpfungsdepression bei Müttern. Auf einer Couch bzw. einem Podium diskutierten die vier Frauen, ob es nun gut ist oder eben nicht, als Mutter zu arbeiten. Die Diskussion war angeregt, aber auch nicht wirklich zielführend. Es fehlten zum Beispiel politische Vertreter bzw. Vertreterinnen. Wie machbar ist es in der Schweiz denn überhaupt, als Mutter Teil- oder gar Vollzeit zu arbeiten? Auffallend war für mich zudem, dass da vier Frauen auf der Bühne sassen, die allesamt privilegiert entscheiden konnten, ob sie arbeiten wollen oder nicht. Dabei stellt sich bei so vielen Frauen doch auch die Frage, ob sich eine Teilzeitstelle für sie finanziell überhaupt lohnt. Schliesslich sind die Kitakosten bei uns in der Schweiz enorm hoch. Warum sollte ich also arbeiten gehen, wenn ich in dieser Zeit meine Kinder fremdbetreuen lasse und das Geld, das ich verdiene, quasi direkt der Kita übergeben kann?
Was auch immer wieder vergessen wird: Es gibt so viele Frauen, die einfach arbeiten MÜSSEN. Da stellt sich gar nicht erst die Frage, ob man eine gute Mutter ist, wenn man arbeitet. Ich denke da zum Beispiel an meine Haushälterin, die einmal in der Woche für einen halben Tag kommt und das komplette Haus von unten bis oben putzt. Das macht sie auch in anderen Haushalten, 40 Stunden die Woche. Sie hat eine zweijährige Tochter, die in dieser Zeit bei Verwandten ist. In unserer ganzen Vereinbarkeitsdebatte werden diese Aspekte immer wieder aussen vor gelassen. Die Diskussion wird immer von der privilegierten Gesellschaft geführt. So verwundert es auch nicht, dass die vielen Besucherinnen und wenigen Besucher der annabelle-soirée der Mittel- und sogar Oberschicht zuzuordnen waren.
Lohnt sich eine Teilzeitstelle?
Ich selber gehöre heute auch zu den Privilegierten. Ich verdiene genug Geld, um mir das Arbeiten quasi leisten zu können, denn die Kinder sind ja zum Teil fremdbetreut. Als ich mich vor fünf Jahren aber selbstständig gemacht habe, war das noch lange nicht der Fall. Ich kann mich noch sehr genau daran erinnern, wie ich mich mit meinem Mann hingesetzt habe und wir nächtelang auf dem Papier Geldbeträge hin und her geschoben haben. Wo können wir einsparen, welche Beträge müssen wir unbedingt fix einplanen? Wie viel muss ich mindestens verdienen, damit wir als Hausbesitzer nicht plötzlich vor der Tür stehen? Diese Rechnerei hat uns viele schlaflose Nächte beschert. Deshalb finde ich es ganz toll, hat die Swiss Life einen Teilzeit-Rechner lanciert. Mit diesem Tool kann man direkt ausrechnen, wie viel Prozent man arbeiten muss oder sollte, um die Finanzierung des Familienalltags gewährleisten zu können. Oft ist einem nämlich gar nicht bewusst, wie viel oder wie wenig es braucht, damit man als Familie finanziell weiter existieren kann. Das finde ich nicht nur für Frauen wichtig. Auch für Männer sollte es relevant sein auszurechnen, ob sie nicht doch mit ihrem Pensum reduzieren können. Es ist so schade, dass in unseren Köpfen immer noch das Bild verankert ist, dass der Mann der Hauptverdiener sein muss und nur dann ein Mann ist, wenn eben er die Kohle heimbringt. Probiert den Teilzeitrechner aus, es lohnt sich! Ich zumindest wäre 2014 sehr froh darum gewesen, ein solches Tool zur Hand zu haben.
Studie zur Teilzeitarbeit
Swiss Life hat in diesem Zusammenhang auch eine Studie herausgegeben. Im Frühjahr 2019 wurden 912 Eltern befragt, die in einem Haushalt mit mindestens einem Kind unter 13 Jahren wohnen. Ich finde die Resultate äusserst interessant, gerade auch, weil sie wieder aufzeigen, wie sehr wir uns gedanklich in einer viel zu engen Filterbubble oder unter einer Käseglocke befinden:
94% der Frauen wollen Teilzeit arbeiten, damit sie mehr Zeit mit ihren Kindern verbringen und den Haushalt bewältigen können. Immerhin 61% der Männer wollen mehr für die Kinder und den Haushalt da sein. (Wo sind diese 61% im realen Leben?!) Der Wunsch nach mehr Freizeit oder einer ausgewogeneren Work-Life-Balance liegt bei den Männern mit 59% nur knapp auf Rang 2 ihrer Priorisierung. Bei den Frauen sind es hier nur 34%. Ich hinterfrage kritisch, warum dem so ist. Gerade, dass es nicht umgekehrt ist, zeigt, dass in unserer Gesellschaft noch viel im Argen ist. Wir Frauen sollten lernen, auch auf unsere eigenen Bedürfnisse für eine bessere Work-Life-Balance zu hören. Es dreht sich nicht alles immer nur um Haushalt und Kinderbetreuung im Leben!
So oder so: Die Studie zeigt schwarz auf weiss, dass eine beeindruckende Mehrheit der Schweizer Eltern gerne Teilzeit arbeiten möchte:
Dass beide Elternteile arbeiten, ist auch unter den Aspekten der Altersvorsorge wichtig. Erstaunlich ist, dass laut Angaben von Swiss Life nur 39% der Schweizer Eltern im Detail nachgerechnet haben, inwiefern sich das Arbeitspensum auf das Haushaltsbudget auswirkt – obwohl ihnen die finanzielle Selbstbestimmung wichtig ist. Wie die Kosten für die Kinderbetreuung, steuerliche Abzüge oder die Steuerprogression ins Gewicht fallen, zeigt euch der Online-Teilzeitrechner. Ich bin Fan davon.
Mich würde nun interessieren, ob und warum ihr Teilzeit arbeitet…?
Ich bin Lehrerin aus Bayern und habe nach der Geburt von Tochter II nach 1,5 Jahren Elternzeit zunächst mit 16 Wochenstunden zum Schulhalbjahr wieder angefangen. Bin dann aber eher wieder auf Vollzeit gegangen, da ich die Stunden einer Kollegin auffing, die ein schwangerschaftsbedingtes Berufsverbot bekam. Das war 2016. Das war aber nur möglich, weil mein Mann parallel dazu seine Stunden reduzierte. Seit dem arbeite ich Vollzeit. Ich bin aber nicht verbeamtet, d.h. mir bleibt gar nichts anderes übrig, als Vollzeit zu gehen, da ich ja in die Rentenkasse einzahlen muss.
Das ganze klappt nur, weil wir bei den Schwiegereltern im Haus leben und sie viel Care-Arbeit abnehmen, z.B. das Bringen / Abholen zum / vom KiGa und Mittagessen kochen für die Kids. Zudem kann ich ja meine Arbeit flexibel einteilen, korrigieren, vor- und nachbereiten des Unterrichts passiert dann eben oft am Abend, wenn die Mädis schlafen oder am WE, wenn mein Mann dann mit ihnen unterwegs ist.
Fazit – bei uns ist es eher untypisch: Frau Vollzeit, Mann Teilzeit – aber es passt perfekt.
LG aus Bayern
Extrem spannend, danke für diesen Einblick!
Hallo Séverine,
ich habe tatsächlich selbst vor kurzem darüber gebloggt.
Bei uns war es bis vor wenigen Jahren noch so, dass ich nahezu der Alleinverdiener war. Und das dann natürlich mit 40 Stunden pro Woche. Bei inzwischen 3 Kindern ist das aber nicht mehr schön. Zu viel zu tun, abends stundenlang Kram erledigt, zu wenig geschlafen und zu wenig Zeit für die Familie gehabt.
Ab Dezember gehe ich nun aber in Teilzeit (30 Std.). Meine Frau arbeitet noch Vollzeit, aber ab nächstem Jahr wollen wir das auch ändern. Unser Ziel: mehr Zeit für uns und mehr Zeit für die Kinder.
Aus finanzieller Sicht ist das möglich, da in Berlin keine Kosten mehr für die Betreuung anfallen, in der Schule nicht einmal mehr für die Verpflegung. Und unsere Miete ist zum Glück recht niedrig…
Liebe Grüße
Martin
Hallo und danke für den wertvollen Beitrag.
Mein Mann und ich haben eine Tochter, die jetzt 8 Jahre alt ist. Nach dem Mutterschaftsurlaub bin ich mit 50% wieder eingestiegen, mein Mann hat 60% gearbeitet. Später habe ich auch auf 60% aufgestockt, noch etwas später wir beide auf 80%, seit letztem Jahr arbeite ich 90-100% (Kombi von 60% Führungsfunktion in einer Firma und Teilselbständig), er wieder 60%.
Für uns stimmt es und ich finde es toll, dass er nicht die Einstellung hat, er müsse mehr arbeiten oder verdienen als ich.