Manche Knoten lösen sich von alleine, sagt man. Effektiv geht einer solchen Lösung aber oft ein langer, mehrmonatiger Prozess voraus, der einem vielleicht gar nicht so bewusst ist. Ich habe mich entschieden, vom heissgeliebten Home Office zurück ins Büro zu wechseln.
Die Vorzüge des Home Office: Wie es begann
Vor fünf Jahren habe ich mich selbstständig gemacht. Mit dem Baby neben mir schlummernd, habe ich damals erste Aufträge für meinen Verlag reingeholt. Wenn die Kinder geschlafen haben, habe ich gearbeitet. Nächtelang. Ich bin damals gestartet mit einer Zeitschrift, die alle zwei Monate erschien. Aktuell bringen wir vier unterschiedliche Magazine heraus, mit insgesamt fast 20 Ausgaben pro Jahr. Die letzten fünf Jahre habe ich meine Arbeitszeit sukzessiv immer weiter ausgebaut, sodass ich aktuell 80% untertags arbeite. Aber mit meinen Wochenend- und Abendeinsätzen komme ich locker auf über 100% – wie es halt so ist, wenn man selbstständig ist. Ich kann nie abschalten. Insgesamt aber hat es sehr viele Vorteile, im Home Office zu arbeiten. Über meine positiven Erfahrungen habe ich noch im Mai 2019 gebloggt. Vom Home Office zurück ins Büro zu gehen, war die vergangenen fünf Jahre keine Option für mich.
Ich habe über die letzten fünf Jahre an mir selber schätzen gelernt, wie strukturiert ich bin und wie konzentriert ich arbeiten kann, auch wenn mir niemand über die Schulter schaut oder wenn eben die Wäsche ruft. Ich bin Home Office geeignet. Und wenn die Kinder krank sind, ist es in der Regel einfach, arbeitend zu Hause zu bleiben. Ich habe mein Büro ja immer bei mir. Aber das ist auch genau mein Problem: Ich habe mein Büro immer bei mir.
Ein Nachteil des Home Office: Ich bin nie off
Es gibt sehr viele Fallen, in die man im Home Office tappen kann. Dienstagnachmittag zum Beispiel kümmert sich mein Mann um die Kinder und ich bin hier zu Hause im Büro bei verschlossener Tür. Nicht, weil mich die Familie ablenkt, sondern weil ich nicht möchte, dass sie mitkriegt, dass ich da bin. Sie soll mich vergessen. Wenn das nicht gelingt, stehen die Kinder nämlich regelmässig vor mir mit irgendeiner Frage oder einer Bitte. Und jedes Mal muss ich sagen: «Fragt Papa, der ist heute zuständig.» Aber es ist nun mal so: Mama hinter verschlossener Tür ist halt eben trotzdem da. Die Kinder wissen das. Und ich weiss es auch.
Deshalb war da schon eine Weile dieser Gedanke im Kopf, dass ich eigentlich raus muss aus dieser Umgebung, um arbeiten zu können. Konkret war der Gedanke bisher aber nie.
Der Switch im Kopf
Für nächstes Jahr stellen wir eine*n neue*n Redaktor*in ein. Bisher haben wir alle im Team immer dezentral gearbeitet. Aber bei der neuen Person möchten wir das ändern, sie soll nahe bei mir sein. Der Verlag hat eine Grösse erreicht, wo wir wieder enger zusammenarbeiten müssen und auch wollen, um nicht der Überblick zu verlieren. Nun kommt es für mich nicht infrage, nach Zürich zu pendeln. Bei der letzten Sitzung mit meinen Geschäftspartnern war plötzlich klar: Ich suche mir ein Büro in Aarau, und der/die neue Mitarbeiter*in wird dann bei mir im Büro sitzen.
Wirklich, es ist ganz einfach, der Gedanke war plötzlich glasklar in meinem Kopf: Ich. Werde. Ein. Büro. Mieten. Ich! Und das fühlte sich so gut an, so richtig. Ich bin jetzt 42 und durfte die letzten fünf Jahre von zu Hause aus arbeiten, wo ich meine Kinder bestmöglich begleiten konnte. Doch sie sind aus dem Gröbsten raus, ich darf jetzt auch wieder weiter weg gehen, mich örtlich von ihnen trennen. Diese Abtrennung erscheint mir wie ein Rettungsanker, denn in den vergangenen Jahren und Monaten haben sich mein Privatleben und mein Beruf komplett vermischt. Es gab keine Grenzen. Es gab keine Pausen. Ich war immer in Aktion, sei es privat oder beruflich. «Muss nur noch kurz die Welt retten, 148 Mails checken….»
Wenn ich jetzt aber ein Büro habe, ausserhalb meines privaten Radius, kann ich auch wieder lernen, beide Welten zu trennen. Wenn ich zu Hause bin, habe ich frei und kümmere mich um mich, um die Familie, um den Haushalt. Wenn ich im Büro bin – arbeite ich. So zumindest der Plan.
Bürosuche
Als erstes dachte ich ja an einen Coworking Space. Aber ich möchte doch lieber ein Zimmer für mich, wo ich telefonieren und Sitzungen abhalten kann. Ausserdem werden wir zu zweit in diesem Büro sitzen. Ich möchte einen fixen Arbeitsplatz und meine Utensilien um mich herum haben. Deshalb habe ich mich für ein herkömmliches Büro, allenfalls zur Untermiete entschieden.
Nächsten Montag gehe ich bereits zwei Büros in Aarau anschauen, die finanziell für mich tragbar sind. Ist das nicht aufregend? Die letzten zwei Jahre, also seit ich 40 geworden bin, habe ich diese Unruhe in mir gespürt, dieses Suchen nach einer Lösung, nach einer Veränderung, nach Ruhe in mir. Und plötzlich ist die Lösung (oder zumindest eine Teillösung) auf dem Silbertablett da, als wäre sie nie weg gewesen. Vielleicht hat auch die Stress Auszeit im Kloster Mariastein geholfen, mich gedanklich zu sortieren. Vielleicht braucht es auch einfach nur Zeit, bis wir uns jeweils dort wiederfinden, wo wir sein wollen. Wir müssen unseren Gedanken die Zeit lassen, die sie brauchen, um Lösungen zu finden.
Ich bin unglaublich aufgeregt, dass ich mich jetzt echt auf die Suche nach einem eigenen Büro mache. Es fühlt sich so… erwachsen an! (sagt die 42-Jährige!!!). Ich finde meine eigene Entwicklung jedenfalls extrem spannend und nehme euch gerne mit auf diese Reise.
Habe ich Leser*innen, die ebenfalls den Schritt vom Home Office zurück ins Büro gewagt haben? Wie waren eure Erfahrungen?
Hab ich vor wenigen Monaten auch gemacht. Vom Büro im Keller ging es raus in ein Büro im Nachbardorf. Mit dem eTrottinett sind es 4 Min. zu Fuss 18 Min..
Ich bin mir selber noch nicht schlüssig ob es für mich besser ist, aber bei mir ists ja auch eher Speziell da die Gesundheit noch rein spielt.
Ohh Aarau <3 ich gönne es dir von Herzen. Ich bin nicht selbständig.. aber wäre ich es würde ichs wie du machen. Einfach ein Bereich, MEIN Bereich, wo ich in aller Ruhe "Businessfrau" sein kann und nicht Mama. Viel Erfolg ??
Habe ich auch gemacht, aus den genau gleichen Gründen wie du. Bin nun jede Woche einen Tag im Tadah-CoWorking Space. Kann dort übrigens auch problemlos telefonieren und Sitzungen abhalten. Und auch ich fühle mich unglaublich erwachsen geworden (sagt die 52jährige)! Viel Freude mit deiner neuen Lösung! Rita
Ich warte nur auf disen Moment, bis ich diesen Schritt gehen kann. Leider finanziell aber noch kein Thema. Aber ich kann es mir ja mal als Ziel 2020 setzen. #thinkbig ☺️ Wünsche dir viel Erfolg auf der Suche und dass du bald etwas findest. Lg Claudia