Präkrastination: ich ruhe nicht, ich präkrastiniere

Beim Schreiben meines letzten Blogpost hatte ich Mühe mit der Begrifflichkeit. Wie nennt man das, wenn ein Kind eine Idee sofort in die Tat umsetzen muss? Ich entschied mich am Ende für «Momentzentriertheit». Bei der Recherche bin ich aber noch über einen anderen Begriff gestossen, der nicht auf die Kinder, aber auf mich zutrifft: die Präkrastination.

Prokrastination versus Präkrastination

Auf Twitter lese ich es immer wieder: «ICH PROKRASTINIERE». Diese Aussage ist quasi ein Running Gag, ein regelrechter Selbstläufer, Lacher garantiert. Wer etwas auf sich hält, prokrastiniert eben. Allein, ich kenne das Fremdwort nicht, habe es auch nie nachgeschlagen. Ich hatte eine vage Ahnung von «ich mache gerade nichts».

Aber nun ist mir klar, warum ich das Fremdwort Prokrastination bis gestern nicht kannte. Es kommt aus dem Lateinischen procrastinare «vertagen» und bedeutet so viel wie: extremes Aufschieben, Aufschieberitis. ICH. KENNE. DAS. NICHT.

Ich bin die Antithese, das Undenkbare: ich präkrastiniere. Ich schiebe nicht auf, nein im Gegenteil: Ich muss immer alles sofort erledigen. Meinen Mann macht das übrigens fertig.

Ich führe To-Do-Listen, die ich abarbeite. Zuoberst stehen da meist die unangenehmen Aufgaben, damit auch diese nicht unter den Tisch fallen. Dinge zu erledigen, auf meinen Listen abzuhaken gibt mir ein gutes Gefühl. Dinge hinauszuschieben hingegen führt bei mir zu einer depressiven Verstimmung, sie begleiten mich wie eine graue Wolke.

Eine To-Do-Liste dient der Präkrastination
Präkrastination in Form von To-Do-Listen ist für mich positiv belegt – Photo by Glenn Carstens-Peters on Unsplash

Immerhin schaffe ich es trotzdem, Aufgaben meistens nicht einfach chronologisch, sondern tatsächlich nach Wichtigkeit zu erledigen. Und natürlich schiebe ich Dinge gerne auch mal auf oder verliere mich in Social Media, anstatt an einem Projekt zu arbeiten. Mein grosses Problem ist akuell auch das Bloggen. Bevor ich blogge, muss ich zuerst Präkrastination betreiben (seufz) und nebenbei 1000 andere Sachen erledigen, die gefühlt immer wichtiger sind. Aber dennoch: Ich bin ein Duracell-Häschen und stehe selten still. Und jetzt hat das Ding auch noch einen Namen!

Die Studie dazu

Seinen Ursprung hat der Begriff «Präkrastination» in einer Studie aus dem Jahr 2014. Im sog. Eimer-Experiment wurden Studenten gebeten, einen von zwei bereitgestellten Eimern bis zum Ende eines Gangs zu tragen. Einer der beiden Eimer war dabei jeweils näher beim Ziel als der andere. Entgegen der Annahme des Studienleiters und Psychologen David Rosenbaum entschieden sich die meisten Probanden dazu, den Eimer zu nehmen, der näher zur Startposition stand, obwohl sie diesen somit länger tragen mussten. Die naheliegendere Aufgabe wurde somit früher erledigt, obwohl dies mehr Aufwand bedeutete. Rosenbaum nannte diesen kopflosen Aktionismus «Präkrastination».

4 Tipps gegen Präkrastination

Natürlich ist es sinnlos, seine To-Do-Listen stur und chronologisch abzuarbeiten. Hier ein paar Tipps von mir, damit Präkrastination nicht zum Stressfaktor wird:

  1. Sortieren: Bevor man sich entscheidet, womit man beginnen möchte, sollte man die ganze To-Do-Liste nochmals durchschauen. Fehlt etwas? Ist etwas nicht mehr aktuell?
  2. Priorisieren: Welche Punkte müssen dringend erledigt werden und sind wichtig (Eisenhower-Prinzip)? Diese farblich hervorheben und als erstes erledigen.
  3. Mixen: Damit nicht nur «brennende» Aufgaben erledigt werden, sollte man auch ein, zwei unwichtige Aufgaben daruntermischen, die einem dafür ein gutes Gefühl geben. Man brennt sonst sprichwörtlich gerne aus, weil man nur am Feuer löschen ist. Auch eine unliebsame Arbeit, die man vielleicht schon länger rausschiebt, sollte unter die Top 10 kommen. Am Ende entsteht eine gut durchmischte Liste, ähnlich einem Menü, das man für die Kinder gekocht hat: Neben den heissgeliebten Nudeln hat es halt auch Gemüse auf dem Teller. Und wer brav war, kriegt ein Dessert.
  4. Relativieren: Ist absehbar, dass ein Punkt nicht in Angriff genommen werden kann oder an Wichtigkeit verloren hat, kommt er auf eine neue Liste für den nächsten Tag und ist somit aus dem Kopf.

Und welcher Typ seid ihr: prokrastinierend oder präkrastinierend?

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