Ein Welpe ist wie ein Baby

Ich komme grad ziemlich neu auf die Welt. Señorita ist seit zwei Wochen bei uns und hat alles auf den Kopf gestellt. Und es ist ja nicht so, als hätte ich das nicht vermutet. Aber was in meinem KOPF vorgeht, verlangt echt viel Flexibilität von mir. Ein Welpe ist wie ein Baby! Und dabei wollte ich ja keine Kinder mehr, weil ich mich «zu alt für den Scheiss» fühlte. Aber nun ist der Hund da und verlangt ganz viel Aufmerksamkeit von mir. Alles ist neu und aufregend. Muss ich jetzt echt wieder bei Null anfangen? SO habe ich mich also gefühlt, als die Kinder neu auf der Welt waren? (daran konnte ich mich gar nicht erinnern!)

Meine ersten Learnings aus zwei Wochen Welpen-Mama sein:

Bei Welpe und Baby: Jeder hat eine Meinung zur Erziehung

Als ich mit 32 zum ersten Mal Mutter wurde, hatte ich keine Peer Group, mit der ich mich hätte vergleichen oder wo ich hätte nachfragen können, wie es denn die anderen machen. Ich war die erste in meinem Freundeskreis! Mit dem Hund geht es mir ähnlich.

Unbewusst habe ich es mit dem Hund wie mit den Kindern gemacht. Ich habe Ratgeber gekauft, das Internet durchforstet und verschlinge alle TV-Folgen mit dem Hundetrainer Martin Rütter. Der Konsens: Einen Hund darf man nicht bestrafen, sondern soll ihn immer nur belohnen. Das positive Verhalten soll verstärkt werden. Also: Immer nett sein und auf der Beziehungsebene arbeiten. Auf keinen Fall darf der Hund Angst kriegen. Bestrafen = böse.

Señorita kam an einem Freitag zu uns, am darauffolgenden Dienstag sollte der erste Welpenkurs stattfinden. Als ich dafür am Samstag mit Hund ein «Gstältli» im Hundeshop kaufen wollte, war die Verkäuferin ganz entsetzt, dass ich schon in den Welpenkurs mit dem Hund gehen wollte. Das sei doch viel zu früh für das arme «Welpli»! Sie verunsicherte mich total. Wer hatte nun Recht, die Verkäuferin oder die Welpenkursleiterin?

Ich könnte zig solcher Anekdoten aufzählen. Was ich realisiere: Mit dem Hund ist es wie mit Kindern. Jeder hat eine Meinung dazu, wie man sie erziehen sollte. Stillen, schöppele, Familienbett, Tragetuch, bindungsorientierte Erziehung… Ich habe JAHRE gebraucht, um diese für einem Shitstorm prädestinierten Fettnäpfchen hinter mir zu lassen und die Kinder ohne schlechtes Gewissen so zu erziehen, wie ich es für richtig halte. Und plötzlich bin ich wieder mittendrin statt nur dabei.

Ich habe versucht, auf der Beziehungsebene mit dem Hund zu arbeiten. «Gspürschmi» und so. Aber wenn so ein Welpe mit Elan in Deine nackten Zehen beisst, dann nützt das echt einen Scheiss. Ich ahne langsam, dass ich auch beim Hund wie bei den Kindern meinen eigenen Weg finden muss. Mein Hund, meine Regeln.

Nur Konsequenz bringt dich weiter

Nun zu einer grossen Diskrepanz zwischen Hund und Kind. Die Kinder werden grösser, lernen sprechen und haben ihren eigenen Willen. Irgendwann fangen sie an zu diskutieren und argumentieren, und sie schaffen es, dich von etwas zu überzeugen. Das ist toll. Auf der anderen Seite schleicht sich auch ein, dass man nicht sehr konsequent ist als Eltern. Das ist weniger toll. Ich mag hier den Begriff «Know your battles». Nicht jeder Streit muss auch ausgefochten werden. In jeder Familie sind andere Dinge wichtig, und das macht das Familienleben ja auch so bereichernd.

Beim Hund hingegen muss man von Anfang an konsequent sein. Wenn ich ihm auch nur einmal durchlasse, dass er an die Schuhe geht, wird er es wieder und wieder tun. Wenn eine Übung nicht korrekt ausgeführt wird, muss man sie immer und immer wieder wiederholen, bis sie sitzt.

Einige Hunde-Regeln bisher:

  • Kein Essen vom Tisch (funktioniert wunderbar)
  • Kein Sofa (sie probiert es immer wieder)
  • Keine Schuhe (sie probiert es immer wieder)
  • Kein Beissen in die Füsse (sie probiert es immer wieder, aber schon weniger)

Der Hund passt sich dir an

Señorita ist erst zwei Wochen bei uns, wir sind erst am Anfang, keine Frage. Und doch haben wir schon ein paar Meilensteine erreicht.

Wenn ich arbeite, liegt sie neben mir im Laufstall (wie Copperfield früher!) und schläft zufrieden. Sie weiss, was ich von ihr will (war natürlich nicht von Anfang an so).

Gestern war ich mit ihr in Zürich. Zuerst fand sie die Tragetasche doof. Aber danach war sie begeistert davon, nicht laufen zu müssen (mein Hund, haha! Ich bin ja so unsportlich wie ein Stück Käse). Wir haben die Redaktion getroffen und draussen gepicknickt. Hat wunderbar geklappt mit Hund, auch das Zug fahren! Ich lerne, dass Señorita nun ein Teil von mir ist und eingeplant werden muss.

Abend schauen mein Mann und ich meistens TV, wenn die Kinder im Bett sind. Señorita legt sich dann zu uns. Wenn ich schlafen gehe, geht sie noch schnell nach draussen in den Garten, kommt dann mit mir ins Schlafzimmer und legt sich zufrieden in ihre Schlafbox. Als ich heute Morgen aufgestanden bin, hat sie noch geschlafen.

Ein Welpe ist wie ein Baby? DAS kriegt ein Baby nach zwei Wochen jedenfalls definitiv nicht hin!

 

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