Versailles und ich

Gestern wurde ich 44 und ich bin zum Schluss gekommen: 44 ist das neue 30. Definitiv. Ich hatte mir den Tag freigenommen. Und er war so so toll! Um 8.30 Uhr bekam ich einen kurzen Besuch von meinem Bruder und meiner Schwägerin, die ich aufgrund von Corona seit Ewigkeiten nicht mehr gesehen hatte. Es war so schön, sie wieder zu sehen, wenn auch nur für kurze Zeit! Für 10 Uhr hatte sich meine ehemalige Schulfreundin Danijela angemeldet, die ich das letzte Mal sicher vor mehr als zwanzig (!) Jahren gesehen habe. Der Grund für ihren Besuch war nicht mein Geburtstag, sondern dass ich bei ihr ein Bild in Auftrag gegeben hatte und dieses nun fertig gemalt war. Sie ist hauptberuflich Pflegerin, eigentlich aber eine begnadete Malerin.
Was ich bekommen habe:

Ist das nicht absolut unglaublich? Fürdiejenigen unter euch, die das Bild nicht kennen: Es handelt sich im Original um das berühmteste Porträt von Louis XIV (oder: Ludwig dem XIV.), dem Sonnenkönig von Versailles, 1701 gemalt von Hyacinthe Rigaud, dem bedeutendsten Porträtmaler des französischen Ancien Régime bzw. des Absolutismus. Ich werde mich nun noch auf die Suche nach einem passenden Bilderrahmen machen.

Louis et moi

Danijela bat mich, hier die Geschichte zu erzählen, warum ich genau dieses Bild von ihr haben wollte, da sie meinen Wunsch sehr speziell fand. Hier also ein kurzes Statement.

Ich bin Schweizerin und fühle mich der Schweizer Kultur, den Schweizer Standards verbunden. Die Schweizer Werte sind tief in mir drin, durch Jahrzehnte des Lebens in der Schweiz. Ich bin gerne Schweizerin. Als französische Staatsbürgerin aber begeistere ich mich für die französische Geschichte. Diese Liebe für Frankreich hat andere Wurzeln, es ist eine elementare Emotion aus dem Herzen heraus. Louis XIV war mir von Kindesbeinen an bekannt und war für mich immer ein Symbol der Macht und der Geschichte selbst. Diese Verehrung mag mit ein Grund dafür gewesen sein, mich 1997 an der Universität Basel für Geschichte einzuschreiben. In meiner Masterarbeit befasste ich mich mit den Frauen am Hofe von Versailles, 1690-1710. Wie lebte man am Hofe des Sonnenkönigs, wie viel Macht hatten die Frauen und welche Frauen ganz genau? Louis mag der Inbegriff des alles umfassenden Herrschers sein (man jubelt ihm gerne den Spruch «L’état, c’est moi» unter, also: «Der Staat bin ich»), aber er hatte in Wahrheit auch nicht alle Macht. So sagte Marie-Adélaïde, Herzogin von Burgund und Enkelin von Louis XIV: «sous les rois, ce sont les femmes qui gouvernent.» (unter den Königen regieren die Frauen.»)

Wenn ich nach Versailles gehe, ist das, als käme ich nachhause. Der Parkettboden, die mit Stoffbahnen bezogenen Wände sprechen zu mir. Ich bin heute am Leben und mit mir das Schloss und die Bewohner von damals. Versailles ist mein Kraftort. Raschelnde Röcke, Kerzenlicht. Ich sehe das alles. Versailles ist ein Teil von mir, den ich nicht erklären kann, ohne esoterisch zu klingen. Ich kenne Louis einfach.

Rigauds’ Louis ist jetzt bei uns zuhause, danke Danijela! Und wer sich für die Werke von ihr interessiert: Sie hat einen Online Shop [unbezahlte Werbung] und nimmt auch Auftragsarbeiten wie meinen Louis an. Die Werke sind absolut bezahlbar. Vor kurzem hatte ich euch hier bereits ihr Freddy Mercury Bild gezeigt.

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