Gelebte Vereinbarkeit fängt bei dir selbst an

Gerade habe ich in Social Media zum Thema gelebte Vereinbarkeit gelesen bzw. gehört, dass wir berufstätigen Mütter uns immer wieder dafür rechtfertigen müssen, dass wir arbeiten. «Wann hast Du Zeit für die Kinder?» «Also ich könnte das ja nicht.» «Was sagt Dein Mann dazu?» «Wie vereinbarst Du die Arbeit mit den Kindern?».

Das schlechte Gewissen nagt an uns.

Genauso kannte ich das auch, jahrelang. Vereinbarkeit ist mir immer wichtig gewesen, da ich nach der Geburt meiner Tochter und nach dem Mutterschaftsurlaub direkt wieder mit einem 80%-Pensum (wovon 20% im Homeoffice) eingestiegen bin, um karrieretechnisch nicht einzuknicken. Ich musste mich immer rechtfertigen gegenüber anderen Eltern, die einen anderen Weg für sich als Familie gewählt hatten. Das war sehr frustrierend. Mommy wars at its best! Als ich dann mit meinem Sohn schwanger war, wollte ich eigentlich kürzertreten und eine berufliche Auszeit nehmen, weil mir der Job eh nicht mehr gefiel. Doch es kam alles ganz anders, ich wechselte von der frustrierenden Anstellung in den befreienden Fulltime-Job als Selbständige. Die Arbeit wurde also noch mehr anstatt weniger. Bereut habe ich das nie.

Vereinbarkeit als Selbständige

Jetzt bin ich 44 und selbständige Verlegerin, mein Team besteht aus >10 Mitarbeitenden, der Verlag ist stetig gewachsen in den letzten sechs Jahren. Und heute ist mir ein Kronleuchter aufgegangen. Wurde ich zu Beginn vom Umfeld noch kritisch hinterfragt, wie ich das alles mit zwei Kindern schaffen will, «also ich könnte das ja nicht», ist das heute kein Thema mehr für mich. Vereinbarkeit LEBE ich konkret, ja es ist eine gelebte Vereinbarkeit. Ich weiss ganz genau, was ich erreicht habe und lasse mir da nicht dreinreden. Ich habe kein schlechtes Gewissen mehr, wenn ich sage, dass ich 100% arbeite, sondern erzähle das stolz. Ja, ich werde vereinzelt im sozialen Umfeld noch gefragt, wie ich das mit den Kindern mache und ob das gut ist für das Familienleben. ABER MEINE EINSTELLUNG ZU DER FRAGE hat sich geändert. Ich lasse mir kein schlechtes Gewissen mehr einreden, weil ich schlichtweg WEISS, dass das Konzept «Mama sein + Chefin sein» für uns funktioniert – sowohl zuhause wie auch im Geschäft. Ich bin nämlich nur mir gegenüber Rechenschaft schuldig – das musste ich aber erstmal checken! Ich werde von anderen Müttern nicht mehr in Frage gestellt mit meinen Entscheidungen, weil ich das gar nicht mehr zulasse. Potenzielle negative Kommentare wische ich weg. Vielleicht ist das aber auch eine Alterssache? Ich bin jetzt 44, die Kinder grösser. Als ich mich selbständig gemacht habe, war mein Sohn schliesslich noch ein Baby. Aber meine Standfestigkeit von heute ist (m)ein persönliches Privileg als Selbständige, das ich mir nach jahrelangem Einsatz hart erarbeitet habe.

Stopp! Mommy wars zum Thema Vereinbarkeit haben bei mir keine Chance mehr.

Was ich realisiert habe und damit sagen will: Gelebte Vereinbarkeit fängt bei einem selbst an. Vereinbarkeit hat auch etwas mit der eigenen Stimme zu tun und wie man gegenüber der Umwelt auftritt. Lass Dich also nicht kleinreden oder schlecht machen von anderen, wenn Du arbeitest UND Kinder hast (oder umgekehrt). Sei stolz auf das, was du tust und strahle das ruhig auch aus. Dan wird das mit der gelebten Vereinbarkeit wie eine self-fulfilling prophecy.

(PS Die Un-Vereinbarkeit kenne ich aber natürlich leider auch…)

1 thoughts on “Gelebte Vereinbarkeit fängt bei dir selbst an

  1. Ich kenne diese leisen und lauten Vorwürfe zu gut obwohl ich „nur“ 60% und mein Mann 80% arbeitet…
    Die Idee, das ein Familienmodell das richtige ist, ist ja an sich schon so absurd. Es gibt doch nur für jede Familie ihr eigenes bestes Modell. Ob dabei jemand 100% zu Hause ist oder beide 100% arbeiten ist doch komplett egal, solange es für die Familie stimmt.

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