Am 11. November ist wieder nationaler Zukunftstag. An diesem Tag dürfen Schüler*innen der 5. und 6./7. Primarklassen in der gesamten Schweiz ihre Eltern bei der Arbeit besuchen und den Arbeitsalltag «schnuppern». Dabei geht es um den Seitenwechsel, das heisst das Entdecken geschlechtsuntypischer Berufe und Tätigkeiten: «Das Spektrum der möglichen Berufe und Arbeitsfelder ist sehr breit. Unzählige Wege stehen dir offen! Nutze den Zukunftstag, um in einen Beruf hineinzuschauen, von dem du noch wenig weisst oder von dem du glaubst, es sei ein «Frauenberuf» bzw. «Männerberuf». Am Zukunftstag wechselst du die Seite und probierst Neues und Unbekanntes aus. Damit erhältst du neue Ideen für deine Zukunft.» Ich finde das Konzept für die Katz.
Früher durfte man (die Jungs) am Zukunftstag seinen Papi bei der Arbeit besuchen. Was war das aufregend! Papi war ja nie zuhause, nur das Mami war da und Vollzeit mit dem Haushalt beschäftigt. Heute ist das längst veraltet. Frauen arbeiten genauso viel wie Männer und Mädchen dürfen alles, was Jungs dürfen. Deshalb dürfen am Zukunftstag ALLE grösseren Primarkinder am Zukunftstag teilnehmen und entweder mit Mama oder Papa mitgehen, dachte ich. Doch weit gefehlt, so einfach ist es nicht.
Beim Zukunftstag steht das «Entdecken geschlechtsuntypischer Berufe und Tätigkeiten im Zentrum». Das klingt erstmal super. Weiter heisst es: «Den Jugendlichen in der Schweiz steht heute eine breite Auswahl an Ausbildungen und Berufen zur Verfügung. Nach wie vor ordnen sie viele Arbeitsbereiche dem anderen Geschlecht zu und lassen diese bei der Berufswahl ausser Acht. Dadurch bleibt viel Potenzial ungenutzt.»
Mag sein. ist vermutlich auch so. Aber wenn dann die Mädchen mitkriegen, dass sie am nationalen Zukunftstag zum Beispiel nicht in der Pflege oder als Tierärztin schnuppern dürfen, weil das nunmal ein typischer Mädchenberuf sei, dann manifestieren sich die Stereotypen doch erst!
Nationaler Zukunftstag: die Spezialprojekte 2021
Meine Tochter kann von Bund aus in folgenden Bereichen in Form eines Spezialprojekts schnuppern:
- Mädchen-Technik-los!
- Mädchen-Informatik-los!
- Mädchen-bauen-los!
- Mädchen-planen-los!
- Ein Tag als Schreinerin
- Ein Tag als Zimmerin
- Ein Tag als Landwirtin
- Mädchen entdecken Waldberufe
- Ein Tag als Chefin
- Mädchenparlament
Aha. Das ist also nach der eigenen Logik EIGENTLICH alles den Männern vorbehalten. Chefin ist ein Männerberuf. Das Programm für die Jungs hingegen:
- Ein Tag als Fachmann Betreuung
- Abenteuer Schule geben
- Jungs entdecken Gesundheitsberufe
- Ein Tag in der Sozialen Arbeit
- Ein Tag als Tierarzt
- Ein Tag als Coiffeur
- Ein Tag als Ergotherapeut
- Ein Tag als Florist
- Ein Tag als Podologe
- Ein Tag als Personalfachmann
- Ein Tag als Drogist
- Yes, we care!
Wer «macht» eigentlich die Stereotypen?
Mich macht das wütend. Man muss zwar nicht an einem dieser schweizweiten Spezialprojekte teilnehmen, man kann auch seine Eltern oder den Götti/das Gotti zur Arbeit begleiten. Als wir LadyGaga aber letztes Jahr zusammen mit dem Gotti angemeldet hatten, gab das Probleme. Das Gotti arbeitet im Hotel, was auf Unmut stiess – weil das kein Männerjob sei. Wegen Corona platzte das Ganze dann eh, aber merkwürdig finde ich das schon. Wenn wir sagen «Das ist ein Männerjob und das ein Frauenjob», dann manifestieren wir doch die Stereotypen erst recht.
Ich bin dafür, dass am nationalen Zukunftstag unsere Kinder JEMANDEN bei der Arbeit begleiten dürfen, egal welchen Geschlechts. Und sie sollten in einem Beruf schnuppern dürfen, egal in welchem. Er sollte Spass machen! Dass die Angebote vom Bund ein bisschen das Denken in Stereotypen «kitzeln» wollen, finde ich ok. Aber doch nicht in dieser exklusiven Form, wo wieder Mädchen und Jungs von etwas ausgeschlossen werden. ALLE DÜRFEN ALLES! So geht Gleichberechtigung.
Ich denke, das bestehende Konzept ist veraltet. Wie seht ihr das, was sind eure Erfahrungen?
Meine grosse hat sich den Volg im Nachbardorf ausgesucht für den Tag und meine zweite geht, mit ihrem Gotti in der Pflege arbeiten.
Nicht weil es Berufe für Mädels sind, sie sind neugierig was man da machen muss bei den Jobs.