Paris mit Teenager

Meine Tochter hatte sich das schon lange gewünscht, auf Weihnachten haben wir es ihr dann geschenkt: einen Paris-Tripp in den Frühlingsferien, zusammen mit mir. Exklusive Mutter-Tochter-Zeit. Aber kann das gut gehen, Paris mit Teenager?

Vor der Abreise überlegten wir uns gemeinsam, was wir sehen wollten. Der Louvre war gesetzt, ebenso der Eiffelturm. Ich dachte an die Katakomben, die ich noch nie gesehen hatte, obwohl ich schon sicher zehnmal in Paris gewesen bin. Auch die Sainte Chapelle aus dem 13. Jahrhundert wollte ich meiner Tochter unbedingt zeigen. Sie wollte Macarons essen und shoppen gehen. «Sacré-Coeur!», warf ich noch ein. Vom berühmten Friedhof Père Lachaise ganz zu schweigen.

Realitätscheck

Nach vier Stunden Zugfahrt kamen wir mittags in Paris Gare de Lyon an. Mit dem Taxi fuhren wir zum Hotel in der Nähe von Notre-Dame. Danach ging es ganz schnell: Croque Monsieur im Bistro mit Blick auf die Baustelle Notre-Dame (seit dem verheerenden Brand von 2019 ist die Kathedrale nach wie vor geschlossen). Spaziergang entlang der Seine zum Louvre, Fotostopp bei der Pyramide. Mit der Métro zur Grande Étoile aka Triumphbogen und Champs Elysées. Dann. Eiffelturm. Am Ende schaute mich meine Tochter an und sagte ernüchtert: «Okaaaaayyyyyy. Und was machen wir jetzt!? Ich habe mir das alles irgendwie ganz anders vorgestellt.» [Blick sagte: laaangweilig…!]

Zu diesem Zeitpunkt lagen fünf Tage Paris vor uns und ich dachte: Scheisse. Das wird eine Katastrophe.

Für diesen Schnappschuss beim Louvre musste ich auf einem Sockel stehen. Nicht zu sehen: Wie speiübel mir auf diesem Sockel war!!! Ich hatte zum grossen Amüsement meiner Tochter Angst, das Gleichgewicht zu verlieren…

Louvre mit Teenager

Für den nächsten Tag war der Besuch des Louvre geplant. Hierzu hatte ich im Vorfeld zur Reise bereits Tickets auf Getyourguide mit fixer Einlasszeit um 13 Uhr gebucht [no affiliation link]. Um den Teenie bei Laune zu halten, gingen wir vorher shoppen. Ich liebäugelte zwar immer noch mit einem Besuch meiner Lieblingskirche, der Sainte Chapelle, an der wir auf dem Weg zum Louvre vorbeigehen mussten, aber das Teeniegesicht wirkte säuerlich reserviert, ja grantig (no more explanations needed, oder?!). Also keine historische Kirche für mich. Dafür Shopping für den Teenager. Ich fragte mich, wie es mit dem Louvrebesuch klappen würde. Das erste Museum dieser Grössenordnung für sie. Mein eigener letzter Louvrebesuch lag locker 15 Jahre zurück, wie würden wir uns zu einem Kompromiss finden? Ich befürchtete, dass der Teenie alles sabotieren würde. Doch LadyGaga meinte, sie würde sehr gerne die Ägyptenabteilung sehen, das interessiere sie. Und: WIR WAREN SICHER ZWEI STUNDEN BEI DEN ÄGYPTERN!!! Als Historikerin ging mir das Herz auf, wie interessiert mein Teenie an allem war und wir kamen ins Diskutieren. Wir machten noch eine Stippvisite bei der Mona Lisa und ich konnte ihr meine Lieblingsskulptur von Antonio Canova zeigen (Amor und Psyche). Gemälde interessierten sie nicht, aber hey, ich konnte Stunden in der Ägyptenabteilung verbringen! Ich verbiss mich also nicht darin, unbedingt das sehen zu wollen, was ich sehen wollte, sondern ich ging durch die Ausstellung mit den Augen der Dreizehnjährigen. Wie schön das doch war! Danach waren wir beide k.o., aber glücklich. Es freute mich ungemein und machte mich stolz, sie so interessiert zu sehen. Gemeinsam mit meiner Tochter auf Entdeckungstour zu gehen, war ein Erlebnis, das ich nicht vergessen werde.

Mona Lisa: Check

Go with the flow

In den nächsten Tagen versuchte ich noch ein paarmal, mein Kind von einem Besuch der Sainte Chapelle zu überzeugen. Der Erfolg war äh überschaubar.

An einem Punkt merkte ich, dass ich nicht vom Fleck kam. Mein Nachbohren wegen der Sainte Chapelle kam nicht gut an, und das ärgerte mich. Es versaute mir «mein» Paris, dass mein Teenie nicht mitzog. Und irgendwann begriff ich: Ich muss mit dem Flow bzw. dem Teenie gehen. Go with the flow! Also warf ich in einem Moment der Selbstreflektion alle meine Pläne über den Haufen. Und ging mit dem Teenie wieder shoppen – und zwar das was und dort wo sie wollte. Ich ass in der Folge das beste Eis meines Lebens:

Beste Glacé-Adresse: Gelateria Amorino, diverse Filialen, z.B. 16 Rue de la Huchette, 75005 Paris

Ich war zum ersten Mal in meinen Leben auf dem Eiffelturm:

Aussicht vom Eiffelturm aus

Und da ich mich auf meine Tochter einliess, machte sie ihrerseits Konzessionen. Ich zeigte ihr die Madeleine, meine andere Lieblingskirche in Paris. Wir gingen jeweils dort essen, wo ich wollte. Dafür bekam sie ihre ersehnten Macarons:

Macarons von Ladurée: Kosten ein Vermögen, sind aber jeden Cent wert.

Fazit: Ich habe einfach eine wunderbare Zeit mit meiner Tochter verbracht – weil ich meine Vorstellungen und Pläne von Paris losgelassen habe und einfach DA war. Mit meinem Kind, mit dieser unglaublich klugen, lustigen jungen Frau. Es war eine wunderschöne Reise, die uns einander noch näher gebracht hat. Mein Tipp also: Lasst euch auf die Bedürfnisse eurer Teenager ein, versucht nicht, einfach etwas durchzuboxen. Und wenn shoppen «zieht» (oder aber der Stranger-things-Erlebnis-Park in Paris oder oder oder…), dann ist es halt so. Man kann eine Stadt auf viele Arten erleben. Oder wie man so schön sagt: Viele Wege führen nach Rom. Oder eben nach Paris. Hauptsache, man hat eine schöne Zeit zusammen. Und die Sainte Chapelle kann ich bestimmt ein andermal anschauen. Und wenn nicht, ist das auch ok. Diesen Tripp jedenfalls werde ich nie vergessen.

Ich liebe dieses Bild von meiner Tochter und dem Eiffelturm!

1 thoughts on “Paris mit Teenager

  1. Liebe Séverine, so ein schöner Bericht! Und ja, mit Teenagern zu reisen heisst auch für uns, sich auf sie einzulassen und auf diesem Weg Städte ganz anders zu erleben als wir Eltern es tun würden. Es gibt sie schon, die Gemeinsamkeiten, die man als Familie alle erleben oder sehen will, aber es gibt Dinge, die ihnen nichts sagen, dafür entdecken wir mit ihnen Neues. Statt nur Kunst, ist es halt mal Auto oder Sport. Statt Sterne-Küche ist es eher Streetfood, was aber ja genau so fein, wenn nicht sogar feiner und spezieller ist. Ich liebe es jedenfalls mit unseren Jungs noch unterwegs sein zu dürfen und gehe noch so gern die eine oder andere Konzession ein. Und wie du sagst: Sie danken es einem, indem sie „dann halt auch mal etwas machen“, das wir wollen. Ich wünsche euch noch ganz viele gemeinsame Reisen! Liebe Grüsse, Rita

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