Wie sich das Ess- und Kochverhalten verändert

Wie jeden Samstag haben wir heute früh unseren Wocheneinkauf erledigt. Hinter der Gemüse- und Obstabteilung (was für ein Gedränge! Was für ein Kampf um jede Fenchelknolle und jeden Spargel!) lagen sie ordentlich aufgereiht: Fertigpizzas, abgepackte Gnocchi, Spätzle, Hühnchen süss-sauer und Was-weiss-ich-noch-für-Fertigmenüs. «Daran gehen wir jedes Mal vorbei», schoss es mir durch den Kopf, während ich unseren mit zig Früchten und Gemüse gefüllten Wagen weiter Richtung Fencheltee schob. Ich grinste. Es war nicht immer so gewesen.

Essen als Single

Ich bin kein Fan von Gemüse und eher so der Kohlenhydrat-Typ. Zuhause bei meinen Eltern ass ich gerne Erbsen und Karotten. Aber alles andere war ein Graus für mich. Rosenkohl. Fenchel. Randen. Salat. Apfel. Ieeeeh! Aber ich ass, was auf den Teller kam. Als ich mit 22 zuhause auszog, kochte ich Pasta. Mit Zucchini, weil es die zuhause nie gegeben hatte und sich das so easy kochen liess. Mozzarella gab es auch nie, also ass ich viel Mozzarella mit Tomaten. Ich kochte Praktisches. Am liebsten Dinge, die man alle in die gleiche Pfanne schmeissen konnte, also z.B. Risotto mit Erbsen und Schinkenwürfeln und Champignons und Zwiebeln drin. So sparte ich mir danach den Abwasch (Single-Haushalt ohne Geschirrspülmaschine, hallo?!?!?). Und dann eben Fertiggnocchi, Pizzas, Lasagne… Sie kennen das.

Essen als Paar

Dann zog ich mit meinem Mann zusammen. Wir begannen, zusammen in der Küche zu experimentieren. Pasta selber herzustellen. Qualitativ hochwertiges Fleisch kompliziert zuzubereiten. Drei-Gang-Menüs, 5-Gang-Menüs. Es machte irre Spass. Und dann gingen wir natürlich auch viel ins Restaurant.

Essen mit Baby

Oh-oh: 2009 bekamen wir unsere Tochter. Die Zeit zum Kochen wurde mit Baby knapp. Sehr knapp. Irgendwie sind Babys auf unsere Essenszeiten getimed. Wenn sich alles nur noch um Fläschchen geben (und damals zusätzlich noch stillen) dreht, gerät das eigene Essen in den Hintergrund. Daraus entwickelte sich das, was wir den Backoffice- und Frontoffice-Modus nannten. Mein Mann kann nämlich nicht auf Zeit kochen, und Varietät ist auch nicht so sein Ding. Also war ich für das Backoffice (kochen) zuständig, während er das Frontoffice übernahm (das Baby).

LadyGaga wurde älter. Der Brei wurde zum Thema. Stundenlang kochten mein Mann und ich Kartoffeln und Gurken (ihren Lieblingsbrei), Karotten, Fenchel und 100 andere Gemüsesorten ein. Was für ein Aufwand, was für eine Sisyphus-Arbeit! Am Anfang versuchte ich noch, das Fleisch mitzugaren und dann zu pürieren. Pustekuchen. Die kleinen Scheissfasern liessen sich einfach nicht weiter zerkleinern und LadyGaga ass das so nicht. Also kam zum ersten Mal eines der verpönten Fertiggläschen mit Fleisch dazu. Ich wurde schnell eines besseren belehrt: Gläschenkost ist wahnsinnig praktisch, und wir können dankbar sein, dass es sie gibt. Wir haben zwar weiterhin Gemüse eingekocht, als stünde die Apokalypse bevor, aber Fleisch gab es als glatte Pampe aus dem Glas. Punkt. Und unterwegs sowieso nur Gläschen. Das Dumme dabei: Auch hier war LadyGaga logischerweise auf uns gepolt. Das heisst, einer von uns musste ihr den Brei geben, während dann der andere hastig und in Eile essen konnte, um dann den Partner wieder abzulösen. Genussvolles Essen geht anders. Eine anstrengende Zeit.

Essen mit Kind(ern)

Aber LadyGaga wurde noch älter. Und was soll ich sagen… wir haben eine ganz tolle Esserin als Tochter. Ihr Lieblingsfleisch ist «Knoche mit Fleisch» (Lammkotelett), gefolgt von «Unterkoot» (Entrecôte) und Rindsfilet. Ja, ich weiss, edel geht die Welt zugrunde… (ist auch bei uns nicht jeden Tag auf der Speisekarte!). Im Restaurant isst sie uns das Hirschfilet vom Teller, so eine ist die. Überhaupt finde ich es unglaublich, dass wir mit LadyGaga schon mit zwei Jahren ins Restaurant gehen konnten und sie sich immer zu benehmen wusste. Da staune ich selbst drüber und bin sehr stolz auf sie. Hoffentlich tritt da Copperfield in ihre Fussstapfen.

Seit sie also mit uns zusammen isst, koche ich wieder normal. Ich mag es sehr, für meine Familie zu kochen, diese Rolle gefällt mir, auch wenn sie stereotyp ist. Heute gibt es kein Gericht ohne Gemüse auf unserem Tisch. Ich schaue auf Abwechslung. Gemüse, das sie nicht mag, muss sie nicht essen, aber zumindest probieren. So hat sie vor zwei Wochen plötzlich grünen Spargel gemocht und war selber sehr stolz auf sich. Sie belehrt mich jetzt immer: «Weisch, ich muess alles probiere, villicht han ich‘s jo denn plötzlich gärn!». LadyGaga LIEBT Broccoli (WTF?!?), so dass ich regelmässig grüne Atompilze wasche und koche (sieht doch echt so aus), und ich selbst esse jetzt natürlich auch immer Gemüse. Aber ein Fan bin ich immer noch nicht. Ich mag zwar Spargeln, Fenchel (!), Bohnen und co. Aber nur als Beilage. Und bei Rosenkohl kotze ich immer noch.


Und welche Ess- und Kochkultur habt ihr so? Bin gespannt auf Eure Inputs! 

1 thoughts on “Wie sich das Ess- und Kochverhalten verändert

  1. Ha, was mußte ich lachen!
    Über Deine Erzählung, wie Ihr das mit dem Essen handhabt.- Kenne ich auch so. Hier liebt Kind3 auch Brokoli. Sie marschiert als erstes immer in die Gemüseabteilung und läd sich das Wägelchen voll frischer Bäume- wie sie es nennt. Dann rennt sie zur Wursttheke und ruft der verkäuferin (die kennt sie schon) zu: "Kann ich eine Wuast haben bidde?"

    Und lachen muß ich auch über Deine Hoffnung auf Copperfield. Sorry, aber das wird gaaanz anders werden. Hier essen alle Drei komplett unterschiedlich. Aber dazu kann ich noch vieel schreiben..

    Danke übrigens für die Aufnahme in Deine BlogRolle!

    Viele Grüße
    Suse

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