Richtig streiten mit Kind? Keine Ahnung

Auch im Hause On the Rocks gibt es Tage, da habe ich keine Nerven mehr und könnte die Kids einfach nur an die Wand pfeffern. Gestern war so ein Tag.

Wir hatten uns entschieden, den Tag in Spanien zu verbringen, in der Küstenstadt Roses, die anderthalb Autostunden von unserem Ferienort entfernt liegt. LadyGaga quatschte uns schon vor der Abfahrt ein Ohr ab, dass sie in Spanien unbedingt an den Strand gehen wolle und machte uns damit ganz kirre. Also packten wir notgedrungen die Badesachen ein, was bei einem Tagesausflug mit Kind und Kegel ja immer mit Arbeit verbunden ist. Kaum in Roses angelangt, fing Copperfield an zu schreien. Hunger. Also rein in das nächste Café, um Junior seine Flasche zu geben. Und ich selbst musste aufs Klo, dies sei der Fairness halber auch erwähnt.

Wir hatten LadyGaga erklärt, dass wir zuerst shoppen gehen würden und erst dann – vielleicht!!!! – an den Strand. Wir shoppten also. LadyGaga bekam ein lila farbiges Tutu und einen Haarreif, sie kaufte sich zudem selbst einen Fingerring. Ich shoppte Kleider und Magnete (meine Sammelleidenschaft), mein Mann zwei Baseball-Caps. Stets begleitet vom Genöle, dass man doch eigentlich an den Strand gehen wollte. Beim Kleiderkaufen war LadyGaga dann beleidigt, weil ich nicht vor ihr auf einem imaginären Laufsteg auf und ab gehen wollte wie bei der TV-Sendung Shopping Queen (!!!). Sie wollte unbedingt meine Wahl begutachten und kommentieren und entscheiden, ob ich es kaufen durfte oder nicht. Klingt ja lustig, für mich als Übergewichtige ist aber Kleiderkaufen sowieso immer ein Spiessrutenlauf, auch ohne Kind. Als ich also nicht mitspielte, war der Teufel los. Toll, ein nörgelndes, maulendes, unmögliches Kind im Laden. Und dann auch noch meins! Die Verkäuferin wollte mich beraten, aber meine schmollende, wütende Vierjährige zog alle Aufmerksamkeit auf sich. Ich beherrschte mich, auch wenn ich LadyGaga innerlich am liebsten gegen die Wand geklatscht hätte. Copperfield hingegen war weinerlich. Familienidylle pur.

Dann gingen wir Mittagessen, Tapas. Zeitbewusst zur ersten Gabelspitze, die meine Lippen berührte, fing Copperfield an zu schreien. Und zwar so richtig. Es ist zu bemerken, dass ich IMMER die Nerven verliere, wenn eines meiner Kinder in der Öffentlichkeit schreit. Da nützt alles «cool sein» nix, schflippaus. Ich habe dann das Gefühl, die ganze Welt schaut mir über die Schultern und urteilt über meine Mama-Qualitäten. Klingt vielleicht doof, ist aber so. LadyGaga hat, dem Babyalter entsprungen, tatsächlich noch nie (bis auf eine Ausnahme, und auf die komme ich noch…) in der Öffentlichkeit geschrien. Darauf war ich immer stolz bzw. bin ich dankbar gewesen. Jedenfalls: Parallel zu Copperfields Hunger-Geschrei maulte die neben mir sitzende LadyGaga, weil sie die Muscheln nicht aus der Schale kriegte. Ach ja, und die spanische Omelette schmeckte ihr nicht, das Wasser konnte sie sich nicht selbst eingiessen, Manchego-Käse ist ieeeeh und die Serviette unauffindbar. Ich delegierte zähneknirschend an meinen Mann, während ich für den schreienden Copperfield das Fläschchen vorbereitete. In mir kochte was ganz anderes als die Albondigas, die vor mir darauf warteten, endlich gegessen zu werden. Ich fütterte Copperfield mit der linken Hand, mit der rechten ass ich Croquetas de pollo, die irgendwie alt schmeckten. Make my day.

Nach dem Essen hörte ich gefühlt alle 30 Sekunden: «Gehen wir jetzt an den Straaaaand?» Hrmpf. Copperfield schrie wieder. Mein Mann hatte keine Lust, die Badehose zu wechseln, und ich sowieso nicht. Es gibt da nämlich keine Umziehmöglichkeit am Strand, was alles nur noch komplizierter machte. Copperfield hat aufgrund der steten Meeresbrise sowieso eine leichte Augenentzündung und musste im Kinderwagen bleiben. Also alles MEGA kompliziert. Für uns für mich zumindest. Es war bereits 16 Uhr und immer noch sehr heiss. Mein Mann schlug LadyGaga vor, statt zu baden gemeinsam am Strand auf dem grossen Spielplatz zu spielen. Challenge accepted, LadyGaga zufrieden. Ich verkrümelte mich mit wieder schreiendem Baby (die Zähne!) in die nächste Bar und trank eine Sangria. Das tat gut. Copperfield schlief endlich. Und dann passierte das, worum es mir in diesem Post, diesem RANT eigentlich geht:

LadyGaga tickt aus
Bevor wir ins Auto stiegen, um den Heimweg anzutreten, wollte ich noch schnell meine Füsse ins Meer halten. LadyGaga kam begeistert mit und hüpfte und frohlockte. Ich ermahnte sie, nicht zu wild zu springen, um sich nicht schmutzig zu machen, da wir gleich losfahren wollten. Sie lachte. Dann spritzte sie MIR mit ihrem Fuss nassen, klumpigen Sand auf die helle Hose. Ich kochte. «Super. Findest Du das etwa nett?» LadyGaga lachte hämisch «hähä!», anstatt sich zu entschuldigen. Und da bin ich explodiert. «Hör sofort auf zu lachen. Findest Du das etwa witzig?! ICH lache nicht. Soll ich DICH mal anspritzen? Mal schauen, wie lustig Du das findest. Du schreist garantiert und heulst rum», sagte ich etwas gehässig. Sie wurde kurz still, lachte dann aber wieder. Sie nahm mich definitiv nicht ernst. Zu viel für meine durch den Tag malträtierten Nerven. Wütend spritzte ich sie nass. Nur leicht, nicht viel. Aber es verfehlte nicht die Wirkung. LadyGaga schrie. Wie. Am. Spiess. Nun gut, easy peasy, ommmmmm und so. Aber wir waren an einem öffentlichen Strand. Im kinderliebendenvergötternden Spanien. Alle, wirklich ALLE starrten uns an, die Zeit stand still. LadyGaga heulte und schrie und heulte und schrie, wie von der Tarantel gestochen, und nicht vom Mami ein wenig nassgespritzt.

Ich schämte mich für mein wütendes, schreiendes Nervenbündel, das ich offensichtlich nicht im Griff hatte. Ich nahm sie kommentarlos, da ohnmächtig vor Wut, an der Hand und zog sie mit mir mit zurück zum Auto, wo mein Mann und Baby auf uns warteten. Unter den Blicken der gesamten Strandbelegschaft. Ich wäre am liebsten im Erdboden versunken, liess mir aber weiterhin nichts anmerken (vielleicht hatte ich ja doch ein wenig Ommmm dabei). Ich zischte zu LadyGaga, sie solle jetzt endlich endlich ruhig sein. Who am I kidding, es half natürlich nichts.

Mein Mann, der nichts gesehen hatte, dachte an einen Beinbruch. Ich eher an Mord. LadyGaga ging wütend und schniefend und mit rotztriefender Nase dazu über, sich zu verteidigen und mir die Schuld in die Schuhe zu schieben. «Du hast mich viel mehr nassgespritzt als ich Dich!!!» Ich klemmte schnaubend ab: «Ich will jetzt nichts mehr hören!» Auch nicht die schöne Art, aber was hätte ich tun sollen? Bei Kerzenlicht und einem Gläschen Champagner Oasis unsere Differenzen ausdiskutieren?

Im Auto und nach geputzter Nase realisierte sie, dass sie den Kürzeren gezogen und den Bogen überspannt hatte. Sie war engelsgleich freundlich und betrieb Smalltalk mit mir, als wäre nichts gewesen. «Schlechtes Gewissen» stand auf ihrer Stirn geschrieben. Auf meiner stand für den Rest des Abends in fetten Lettern «OUT OF ORDER».

Ja, auch bei mir brennen mal die Kerzen Sicherungen durch. Ich hasse das.

2 thoughts on “Richtig streiten mit Kind? Keine Ahnung

  1. Für einen Tag an DIESEM Strand hätte ich auch den Streit in Kauf genommen!
    *schmacht*
    Ich glaube "richtiges Streiten" gibt's eh nur in der Theorie. Wenn man dabei so ruhig bleiben könnte, wie empfohlen, wäre man vorher auch nicht aus der Fassung geraten und es hätte gar keinen Streit gegeben.
    Einen solchen Tag hatte ich auch erleben können, glaub mir! 😉

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