Betrug

Ich wurde Opfer eines Betrugs. Es ist nicht leicht für mich, das hier zu gestehen.

Im Wochenbett mit LadyGaga hatte ich eine Hebamme, die mich regelmässig zuhause besuchte. Ich war damals auf verlorenem Posten, eine sehr unsichere Mama, die mit ihrem Perfektionismus an der Realität scheiterte. Ich war sehr labil. Die Hebamme aber machte mir klar: Ich bin gut so, wie ich bin. Ich wuppe das. Auch wenn ich nicht stille, bin ich eine tolle Mama. Sie hat mich aufgebaut.

Wir waren uns sympathisch und es entwickelte sich nach dem Wochenbett eine lose Freundschaft. Ich rief auch nach einem Jahr immer wieder mal an, wenn ich Fragen zum Baby hatte. Sie ihrerseits bat mich um Hilfe beim Verfassen von Werbetexten. Sie mochte meine Art zu schreiben, das machte mich glücklich und stolz. Ich war damals gerade erst Chefredaktorin geworden und stand noch am Anfang meiner Karriere.

Vor Copperfields Geburt rief ich die Hebamme an und fragte, ob sie wieder die Wochenbettbetreuung übernimmt. Das Telefonat war vom Bauch her irgendwie komisch. Aber sie sagte zu, alles war also gut. Sie besuchte mich nur selten im Wochenbett, es kam immer etwas dazwischen. Aber wir waren ja befreundet, also war das alles schon okay.

Als die Krankenkasse anrief und fragte, ob meine Hebamme tatsächlich x mal bei mir gewesen war, war ich überrumpelt. «Jaja, klar, das stimmt so schon. Ich hatte Probleme beim Stillen.» Ich hatte effektiv keine Ahnung, wie oft sie wirklich bei mir gewesen war. Zeit ist ein seltsames Ding im Wochenbett.

Ich erzählte der Hebamme davon und fragte bei ihr nach. Sie wischte es mit einer Handbewegung weg. Mein Bauch fühlte sich komisch an. Aber was wusste ich schon? Ich legte die Geschiche im Kopf beiseite.

Einige Jahre später, als ich schon selbständig war, wurde der Kontakt zu ihr durchs Bloggen wieder enger. Sie wollte, dass ich gegen gutes Geld für ihre Facebook-Seite medizinische Texte schreibe. Es war ein wirklich lukratives Angebot, von einer Frau, die ich schon seit Jahren kenne. Aber der Bauch, der Bauch, der sagte leise: Lass die Finger davon! Ich konnte das Gefühl nicht benennen, aber es war so, als wäre da eine graue Wolke über mir, wenn ich an diese Frau dachte.

Geld oder Bauch?

Obwohl wir lange wegen des Projekts hin und her geschrieben hatten, hörte ich am Ende auf meine innere Stimme – und sagte ohne Hintertürchen offen zu lassen ab.

Am Dienstag nun sah im Schweizer Kassensturz einen Beitrag über «meine» Hebamme, die als Betrügerin und Urkundenfälscherin seit Jahren aktenkundig ist. Ich hätte fast gekotzt.

Offenbar hat sie systematisch Krankenkassen und Wöchnerinnen um Geld betrogen. Junge Mütter, zu einer Zeit, in der sie am verletzlichsten, am labilsten, am unsichersten im Leben sind.

Der Kassensturz hat schon 2016 darüber berichtet, nur habe ich das damals nicht gesehen und erst jetzt beim Recherchieren entdeckt: Hier der Artikel dazu.  In mehreren Kantonen hat die Frau ein Berufsausübungsverbot, deshalb tingelt sie durch die ganze Schweiz. So auch in den Aargau.

Ich fühle mich gedemütigt, benutzt und exponiert.

Ich bin so froh, habe ich doch noch rechtzeitig auf meinen Bauch gehört. Diese Frau, sie war so unglaublich nett, ich kann es immer noch nicht fassen. So also gehen Enkeltrickbetrüger vor. Es kann jeden treffen. Der Schock bei mir sitzt tief. Das wird mir eine Lehre sein. Passt auf euch auf! Und meinem Bauch sage ich: DANKE!

(c) Adobe Stock

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