Entschuldigung

Essen Samstagabend. Typisch schweizerisch gibt es wieder einmal Raclette, in der modernen Version Tischgrill mit -ofen, darin geschmolzener Käse. LadyGaga liebt Raclette und hat uns schon in Grund und Boden gegessen mit warmem Käse. Nur, wissen Sie, in letzter Zeit will sie plötzlich nicht mehr so recht. Ob es ihr verleidet ist?

Auch heute stochert sie in ihrem Teller rum, isst zwar saure Gurken und sogar eine Kartoffel, verschmäht aber das Raclette, das bereits kalt und hart geworden ist auf ihrem Teller. Sie will vom Tisch, aber ich halte sie auf. «Erst, wenn Du vom Käse gegessen hast!» Missmutig nimmt sie ein Stück von Hand. Ich schimpfe ein wenig, weil sie die Gabel nehmen soll, aber sie nimmt grummelnd auch ein zweites Stück wieder von Hand. Was soll’s, drin ist drin. Der Käse war schliesslich teuer, direkt von der Frischkäsetheke. Als der halbe Käse gegessen ist, darf LadyGaga vom Tisch, um neben uns ihre neuen Spielsachen vom Geburtstag auszuprobieren. Mein Mann und ich essen zu Ende.

Später setze ich mich zu LadyGaga auf den Boden und helfe ihr aufzuräumen. Huh? Ich stutze und traue meinen Augen nicht. Unter dem Tisch sehe ich vereinzelte Klumpen Käse liegen. Von uns sind die garantiert nicht. «LadyGaga, hast Du das etwa absichtlich gemacht?!» Sie schaut mich ertappt mit grossen Augen an und flüstert dann zaghaft: «Ja». Ich fasse es nicht. Ich kann nicht einmal wütend sein, ich bin einfach nur geschockt, dass mein Kind mich absichtlich hintergangen hat, nur um den Käse nicht essen zu müssen. Deshalb wollte LadyGaga ihn also von Hand nehmen, sie konnte ihn so besser loswerden. Wie eine Kleinkriminelle. Mit drei. Hätten wir einen Hund, der wäre ein dankbarer und vor allem unauffälliger Abnehmer gewesen. So aber lag das Corpus delicti vor uns.

«Das war aber gar nicht nett, dass Du das gemacht hast. Das macht mich sehr traurig», sage ich ernst zu ihr. Sie schaut mich ihrerseits geschockt an, kommt zu mir, legt die Arme um mich und flüstert: «Entschuldigung, es tut mir Leid.»

Erziehung ist manchmal echt ein Knochenjob.

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