Lippenbekenntnisse

LadyGaga hat einen schwierigen Abend und gehorcht partout nicht. Sie sitzt nicht wie sie soll auf dem Triptrap, sie schmeisst den (vollen) Teller im hohen Bogen von sich, sie trotzt und trotzt und trotzt. Mehrfach stelle ich sie ins Kinderzimmer, sie schreit und tobt mit schmollendem Mund und empörtem, zornigem Blick. Aber da muss sie durch und ich auch.

Mein Mann und ich essen weiter, unterhalten uns leise über die Situation. Aus dem Kinderzimmer: Stille. LadyGaga hat sich beruhigt. Sie weiss, sie darf erst wieder raus, wenn sie sich entschuldigt hat. Dann höre ich ein schabendes, hohles Geräusch, ein Gekritzel. Ich realisiere sofort: Sie malt die Wand an. Wir springen von unseren Stühlen auf, schauen böse und ermahnen sie (stinksauer!). Aber wir können sie ja nicht zur Strafe ins Zimmer stellen, denn da ist sie ja schon. Brüllen bringt nichts, Erklärungen auch nichts. Also sind wir streng und resolut, sagen, dass sie keine Farbstifte mehr von uns bekommt. Roter Trotzkopf. Wir verlassen das Zimmer, damit sie unsere Aufmerksamkeit nicht mehr hat, denn die will sie ja.

Sie schreit und weint: „Kaki!“ Ihr letzter Trumpf im Ärmel – Töpfchen schlägt alles. Wir setzen sie also aufs Töpfchen, doch wir verlassen das Zimmer wieder. Sie schmollt. Bewegt sich aber keinen Wank, weil sie weiss, dass sie nicht artig war. Nach fünf Minuten gehe ich zu ihr und sage wie schon so oft an diesem Abend: „Entschuldigst Du Dich bei Mami und Papi, dass Du die Wand angemalt hast?“ Sie überlegt, dann nickt sie ernst. Sie steht auf und kommt zu uns und drückt uns je einen herzhaften Kuss auf die Lippen und umarmt uns. Wir schliessen Frieden.

Dann geht sie zur bemalten Wand und gibt der Wand einen herzhaften Schmatzer und streichelt sanft über den Abrieb, um sich auch mit der Wand zu versöhnen. Ich zittere vor Lachen und lasse mir nichts anmerken. Erziehung ist anstrengend. Aber manchmal auch urkomisch.

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